dream on two wheels

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Russland

12.07.2014

... das erste Mal in Russland! Zunächst geht es zum kleinen Städtchen Vyborg, das mich nicht sehr beeindruckt und ich relativ schnell wieder weiterfahre, da es sehr ungepflegt ist. Da ich den LKWs etwas aus der Hauptverkehrsroute fahren möchte, entschließe ich auf kleineren Straßen Richtung St Petersburg zu fahren. Diese Straßen hatten in den letzten 20 Jahren keinerlei Reparatur genossen. So sind selbst Autos und kleine LKWs mit teilweise nur 20km/h unterwegs um den Schlaglöchern auszuweichen, eine gute Erfahrung.

Um dann küsten-naher zu fahren möchte ich eine Straße, die kaum auf einer Karte eingezeichnet ist, versuchen. Da Beschilderung ist hier in Russland eher Luxus ist schaue ich per GPS, welchen Weg ich abbiegen muss und finde ihn recht schnell. Erstaunlicherweise ist diese Straße zunächst besser und ich komme gut vorran, dann jedoch ist -Slalom- fahren angesagt und ich bin froh nur einspurig unterwegs zu sein. Die wenigen Auto, die mich überholen, bleiben fast stehen um durch die Löcher zu holpern. Im kleinen Dorf erfahre ich dann wirkliches Russland. Eine unbefestigte Schotterpiste bildet die Hauptrasse, nur Staub, Steine und Dreck sehe ich. Eher Baracken als Wohnhäuser, alles sehr ungepflegt, runtergekommen. Alte Auto in Vorhöfen, die mit großen Zäunen abgegrenzt sind. Es sind jetzt ca. 35 Grad heiß, meine Wasservorräte fast leer. Es gibt einen kleinen Einkaufsmarkt, der ca. vor 30Jahren leider schon geschlossen hat. Keine spricht ein Wort English. Alle Dorfbewohner, die ich sehe, drehen sich um, um sich mein Rad anzuschauen. Ich denke hier ist noch nie ein Radreisender durchgekommen. Es gibt tatsächlich eine Wasserstelle, die ich nur erkenne da sich gerade jemand seine Kanister befüllt. „no english“ war seine Antwort. Trinkbar soll das Wasser aber sein, was ich mit Händen und Füßen erfragen konnte. (Es ist natürlich beschriftet, ich kann jedoch nichts damit anfangen.) Ich fülle alle meine Flaschen auf, es sind zusammen knapp über 7l Wasser.

Sehr kalt fühlt sich das Wasser an, das ist eher ein gutes Zeichen.

Ich passiere den Ort und nach den nächsten 20km wird der Straßenbelag auch schon wieder besser und ich kann normal weiterfahren. Hier gibt es nur hin und wieder Schlaglöcher, die sehr tief sind ca. 10-20cm aber gut sichtbar. Im nächsten Ort wieder ein ähnliches Straßenbild. Hier gibt es zusätzlich noch große Betonbauten mit Wohnungen, selbst diese sind vollkommen veraltet und ungepflegt, wahrscheinlich seit dem Bau nichts mehr gemacht. Der Ort lädt nicht zum anhalten ein und so fahre ich mit ruhigem Tempo hindurch und schaue mich auf der Weiterfahrt nach einige Übernachtungsplätzen um. Am Abend finde ich dann einen recht schönen Platz in einer kleinen Waldlichtung und bleibe dort. Mein erlebnisreicher erster Tag in Russland.

13.07.2014 Primorsk/Kiovisto – Poljany (92km)

Morgens trudele ich erstmal in den nahe gelegenen Ort um evtl. etwas einzukaufen. Es ist wieder eine Mischung wischen finnischen Häuschen, mehr oder weniger gepflegt und russischen Beton -Blockbauten-, sicherlich aus den 70er Jahren und seit dem nichts dran gemacht. Ebenso umwuchert von Bäumen und kniehohem Gras.

Der Putz ist größtenteils abgefallen, überall sind Möbel oder Wäscheleinen auf den Balkons zu sehen. Hier müssen also noch Menschen wohnen. Der Ort ist für Sonntags 9uhr sehr leer, niemand aus den Strassen. Das Einkaufen hat sich wegen dem heutigen Sonntag und des Mangels an Geschäften erledigt. Beim durchqueren des Orts komme ich an einer Feuerwehr vorbei, …. wenn die mal kein Wasser haben? Ich frage den uniformierten, der davor-sitzend gerade eine Zigarette raucht, ob ich oder wo ich Wasser bekommen könnte. Er führt mich ca. 300m in einen Vorgarten zu einer Bretterverschlagenen Box mit kleiner Tür.

Dahinter verbirgt sich ein Alueimer befestigt an einer rostigen Kette, die zum Aufwickeln um einen Balken gewickelt wird. Ein klassicher Brunnen, ca. 500m von der Küste entfernt. Er hilft mit alle meine Flaschen zu füllen und geht wieder zur Arbeit zurück. Es sind schon wider mehr als 7 Liter Wasser am Rad, die ich sofort am nächsten Hügel merke. Da ich heute nicht gleich nach St Petersburg hineinfahren kann (ca. 60km), lasse ich es ruhig angehen und mache zahlreiche Stopps um auch die „Baltic sea“ mein Meilenstein zwischen der „Barent Sea“ und „Black sea“ zu genießen. Um Mittagszeit setzte ich mich unter Bäume am Strand, lesen und koche mir Mittagessen.

Gegen 6pm fahre ich weiter, da die Umgebung schon sehr stättisch ist, biege ich in eine Seitenstrasse ab, möchte ca. 10km ins Landesinnere fahren um dort zu übernachten. An einer Baustelle muss ich bei rot halten, hier wird an der Gegenfahrbahn gearbeitet. Hinter mir kommt ein Auto an, gegröle bricht aus. Die Fahrertür geht auf, eine Person wangt heraus und wirft eine Flasche heraus, …. gleichmäßig verteilt sich der restliche Schluck aus der fliegenden rottierenden Flasche im Gebüsch. Der Fahrer „musste“ wohl mal dringend und erledigt es über die durchgezogene Linie. Großes Hupkonzert erfolgt von den dahinter wartenden Fahrzeugen, …. es war versehentlich die Mittelleine, die Bewässert wurde, nicht der Begrenzungsstreifen. Bis er es bemerkt geht’s auch schon weiter. Ein zweites Hupkonzert erfolgt. Beim wieder-einsteigen bekommt er von seinen Kumpels im Fahrzeug schon eine neue Flasche durch die herruntergekurbelten hinteren Seitenscheiben gereicht. -Ich dachte Wodga würde hier viel getrunken-. Sobald der durstige Fahrer mich überholen möchte weiche ich gleich in die Baustelle der Gegenfahrbahn auf um nicht überfahren zu werden. Nach ca. 5km weiter findet sich einen schönen Platz zum Übernachten.

14.07.2014 Poljany – St Petersburg (80km)

Morgens muss ich wieder durch die Baustelle, diesmal sehr früh und ohne Vorkommnisse. Bis nach St. Petersburg ist es noch weit und es muss stark befahrene Straßen geben. Genau wie oft erzählt wird es auch, die Strecke zieht sich sehr lange, abgesehen von einem ca. 15km langem Radweg, der viele Baumwurzeln unter der Asphaltdecke hat und diese zur Hügelfahrt verformte ist alles Straße. Teilweise bis zu vier Spuren mit 10cm Randstreifen und direkter Leitplanke. So muss ich mir die ganze rechte Spur gönnen, denn freiwillig macht hier kein Fahrer Platz. Nach ca. 60km komme ich in einen Vorort, der mich sofort an die Straßenzüge von Dresden erinnert. Identische Bauweise, der Straßenbahn, Asphaltverlegung und Architektur der umliegenden Häuser. Dabei müsste das Straßenbild nach Russischen Straßenbau und Architektur ausschauen. Nur noch 10km und ich komme der Innenstadt schon näher. Die ersten ca. 10-15 Personen antworten auf die Frage nach dem Stadtzentrum?, …. „No english“ Touristenbüro?, „no english“ Ojee, viel Spaß!!!

Endlich ein paar Radfarer, sie sprechen aber auch kein englisch. Ich halte ihnen den Strassennamen des Hostels unter die Nase!!? Sie deuten gerade aus, mit dem Rad sei es ca. 20min. Ob das stimmt? Ich fahre in diese Richtung, Zeitangaben als Distanz bedeuten für mich, da hat jemand in der Schule nicht aufgepasst oder was ist die Durchschnittsgeschwindigkeit mit einem Rad in einer Stadt mit 4Mio Einwohner ohne Touristen. Und wie zählt man die vielen Ampeln? Ok, ich schau mal auf die Uhr. Es waren ca. 2km, die ich in dieser Zeit vorran kam, dann gab es auf der rechten Seite einen schönen Park mit einem Stadtplan und einem riesen Schild, Fahrräder haben hier keine Durchfahrt. Der sitzende Uniformierte in dem -links neben dem Eingang- stehenden Häuschen, macht mich sofort nochmal AKKUSTISCH darauf aufmerksam. Ich stelle zur Beruhigung noch mal die Frage. Antwort: „No english“ Ich erkläre ihm auf deutsch, er versteht ja sowieso kein English, das ich nur auf den Plan schauen möchte. Ok, er verwandelt sich in Hilfsbereit erklärt mir den Weg zum Hostel, das nur ca. 200m von hier entfernt liegt und verabschiedet sich mit …. (auf deutsch) „Gute Fahrt!“ Es geht doch!

Untergebracht bin ich im „Baby Lemonade Hostel“ ein sehr sauberes gepfleges Hostel mitten in der Innenstadt. Beste Lage und Anbindung. Am Abend gehe ich mit einer Neuseeländerin in einem Typischen Russichen Restaurant essen. Sie hatte sich gerade entschlossen ihre Arbeit in Groß Britanien aufzugeben und zurück zur Ihrer Heimat zu ziehen. Zwischen den Jobs noch etwas Urlaub zu machen und Städte anzuschauen incl. Ein Stück der Reise auf der transsibirischen Eisenbahn zurück zulegen.

Das Restaurant ist wie in den 70er Jahren in Russland eingerichtet. Tapeten, Möbel, Fernseher, der sogar läuft. Sehr sehenswert, das Essen ist sehr schmackhaft zum kleinen Preis.

15.07.2014 St Petersburg

16.07.2014 St Petersburg – Sosnoviy Bor (100km)

Da es keine freien Betten mehr gibt und ich auch meine interessanten Ecken abgegrast habe, entschließe ich mich abends um 16uhr noch aus der Stadt heraus zu fahren und bei nächster Gelegenheit zu campieren. Die ersten 35km wieder die unangenehmste lauteste heiseste Strecke, die sich ein Radreisender überhaupt nicht wünscht, mit einer Asphaltdecke, die auf löchern besteht, von der Last der LKW verformt ist, Fahrrinnen und Hügel bildet, dass das Rad ständig ins schlingern gerät. Dabei kann man nicht auf den Asphalt achten, der vordere und hintere Verkehr sind viel wictiger. Plötzlich ist das schlingern ungewöhnlich stark und wirkt sich nur zu einer Seite aus. Das Rad zieht nach rechts. Ein Loch im Reifen? Der Blick nach hinten und unten zeigt einen rostigen Nagel, durch die Lauffläche eingedrungen ist und dann an der Flanke der Reifen wieder heraus kommt. Nein nicht ein Loch; zwei Löcher!

Glücklicherweise ist die Struktur nicht kaputt, sowie der Nagel zur Seite heraus und hat nicht die Felge berührt. Repariert ist es schnell.

Die Weiterfahrt und speziell die Suche nach einer Übernachtungsstelle ist sehr schwierig. Ich bin hier jetzt ca. 120km vor der russischen-finnischen Grenze und ich befinde mich plötzlich im Grenzgebiet. Auf der rechten Seite der Strasse gibt es einen ca. 4-5km breiten Wald dann kommt das Meer. Auf der linken Straßenseite gibt es ein Zaun, also quasi drei Zäune hintereinander, zwischen den letzten höheren zwei Zäunen ist ein Sandstreifen frisch gepflügt, vermutlich damit Spuren leichter zu sehen sind. Alle 200-300m gibt es ein Kontrollturm mit Einfahrt und bewaffneten Uniformierten. Für mich beschreibbar, da ich von Ost nach West fahre und die Küste etwa parallel 4-5km nördlicher liegt. Sehr unwohles Gefühl hab ich, wenn ich dran denke wildcampen zu müssen. Der Anblick im nächsten Ort beruhigt mich noch weniger.

 

Eine Wohnsiedlung, hinter einer Mauer, die der Berliner nichts nachsteht. Stacheldraht, Kontrolltürme und ca. 90% der umherlaufenden Personen tragen Uniform. Ich fahre locker weiter. Es ist ca. 22Uhr noch taghell. Dann verschwindet der Zaun und ich erkenne identisches auf der rechten Seite. Wo kann man blos hier zelten, rechts im Wald, links im Wald? Bilder zu schießen vermeide ich, wer weiß mit was sie dann schießen. Ich fahre also weiter und weiter, es ist schon 22:30Uhr, der kleine auf der Karte eingezeichnete See, bietet nichts, außer die Hände zu waschen. Nach genau 100km, sehe ich im Wald ein gepflegtes Hüttchen mit Kinderschaukel Sitzbänken, Grill direkt am Wasser. Ich radele runter und frage nach, d.h. Mit Händen und Füßen und mit meinem KeinWörterbuch. :-) „Ja kein Problem signalisiert der Inhaber mir“ 150 rubbel. 1€=47 rubbel Klasse ein Camping, wahrscheinlich der einzige in Westrussland und für ca. 3€. Bei der Frage nach Duschen, ruft er einen Freund an der online vor dem Rechner sitzt und mir durch das Telefon eine Online- Überstzungsstimme, auf englisch erläutert :“Baue erst dein Haus auf, komm dann Duschen“. Duschen konnte ich in der Sauna. Ich bin sehr glücklich, da es viel Dreck heute in der Luft und durch die Pannen auch an Händen gab. Dieser Platz ist wirklich empfehlenswert, ich hatte bisher nicht so viel gepflegte m² außerhalb von St Peterburg gesehen.

18.07.2014 Sosnoviy Bor– Udria (135km)

An diesem morgen komme ich nicht gut weg, da ich erst gegen Mitternacht ins Zelt kam. Ich möchte unbedingt noch über bzw. unter dem Grenzbalken hindurch kommen. Die Fahrt bis dort ist aber noch lange und ich komme mal wieder durch zahlreiche Örtchen die sehr ungeflegt und runtergekomen sind.

Sie laden alle nicht zu Einkaufen ein, ….wäre ich mit dem Auto unterwegs, ich würde die Knöpgen runtermachen. Immer wieder muss ich mit dem Moblitelefon und GPS schauen ob ich auf der richtigen Strasse bin, nur selten gibt es Strassenschilder. Die ausgeschilderten Orte sind nicht auf der Karte, und detailierte Karten gab es in St Petersburg nicht.

Gegen Nachmittag ca. 5km bevor ich endlich die breitere Strasse Richtung westen erreiche, ein Schild: Sackgasse in 2.5km. Wie kann das sein? Meine Karte als auch online sagt das Gegenteil. Ich ignoriere das Schild und fahre weiter. Nochmal Sackgasse in 100m. Ok, jetzt sehe ich es, eine riesige Baustelle. Umweg wäre ca. 30km. Es wird wohl keinen stören … so radle ich auf frischer Asphaltdecke für ca. 6 Spuren muss jedoch auch ca. 500m durch Sand das Rad schieben. Schließlich komme ich doch zur Haupstrasse Richtung (im wahrsten sinne des Wortes) Westen. Nur noch 45km und dann kommt der Grenzbalken. Nein, so schnell nicht. Ich komme noch an einer 8km Langen LKW schlage vorbei, die dort wartend den Radstreifen bildet. Ganz vorn dann, dort reihe ich mich bei den Autos ein, … fahre aber wegen den 30 Grad langsam an ihnen vorbei nach fast ganz vorn. Dabei ruft mir ein Estländer irgendetwas zu. Er signalisiert mir ich sollte drüben bei den Fußgänger durch, dort geht es schnell für mich. Super nett, ich dachte er ist motzig, dass ich an den 1-2km Autoschlagen so leicht und locker vorbeikurbele. (Die Autos warten hier ca. 2h) Die Grenzbeamtin schaut überaus kritisch in meinem Pass, kontrolliert alles, fragt wo ich denn gewesen sein, nach dem Beleg des Hostels und wo ich die andere Zeit war. Dann holt mit dem Stempel aus … knalll!!!! Ausreisetempel ist im Pass. Bin ich froh, schon seit der Sekunde als sie mit dem Stempel ausholte. Mit russischem Enthusiasmus freue ich mich riesig und sehe zu dass ich rauskomme!!!

Ich bin in Estland