dream on two wheels

Panama

Oh wie schön ist Panama (19.6.-22.7.16)

Die Einreise Nach Panama verläuft unproblematisch. Unsere erste Nacht in Panama zelten wir in der Feuerwache der Stadt Changuinola. Durch die Routenwahl in Costa Rica entlang der Karibikküste ist unser Routenverlauf in Panama relativ fest vorgegeben da es nur wenige Hauptstraßen abseits der Panamerikana gibt. Wir merken schnell das wir eine gute Wahl getroffen haben nicht auf der stark befahrenen Panamerikana zu fahren denn sobald wir Changuinola verlassen wird es ländlich und ruhig. Hier bestimmt Chiquita das Leben der meisten Menschen. Ganze Plantagen, Siedlungen und Fabriken werden durch die große Bananenfirma betrieben und in dem Örtchen Puerto Almirante befindet sich sogar ein „Chiquita Hafen“. Von dort werden die Bananen in Kisten vorzugsweise nach Europa bzw. Deutschland geschippert. In Panama genießen wir das Radfahren in vollen Zügen denn es gibt auf der Landstraße kaum Autoverkehr. Wir fühlen uns sehr an einige Regionen Guatemalas erinnert denn überraschender Weise gibt es auch in Panama einen größeren Anteil indigener Volksstämme. Die kleine Landstraße führt uns in die Berge der Region Bocas del Toro. Alles um uns herum ist tropisch grün, blüht und feucht. Die kleinen überdachten Bushaltestellen dienen uns in den Pausen als Schutz gegen Sonne und den einen oder anderen Regenguss und durch die ruhige und entspannte Atmosphäre verlieren wir uns komplett in Tag und Zeit. Das hier die Uhren und Bräuche anders ticken bemerken wir als wir an einer der Bushaltestellen Rast machen. Und schräg gegenüber setzt sich ein Familienvater mit einem kleinen Kind auf dem Arm. Das Mädchen ist vielleicht ein Jahr alt und man sieht auf den ersten Blick das es krank ist. Die Augen liegen tief in den Höhlen, die Gesichtsfarbe ist Blass und das kleine Mädchen dämmert im Halbschlaf auf dem Arm seines Vaters. Ich lächle die beiden an und der Vater erklärt mir das das Kind krank sei. Es habe seit 2 Wochen Erbrechen. Ich weis das ich hier nicht wirklich helfen kann aber ich frage ihn ob er auf dem Weg zum Arzt oder Krankenhaus sei und er erzählt uns das er mit dem Bus zum „örtlichen Heiler“ ihres Stammes fahre damit er ihnen Kräuter für die Behandlung gebe....

Road to Rio Uyama

indigenous Village

Gegen späten Nachmittag erreichen wir in den Bergen eine kleine Ansammlung von Häusern. An einer Kakao- Plantage dürfen wir neben der kleinen Holz Finka für die Nacht unser Zelt aufstellen. Die Firma produziert Bio-Kakao und hat ihren Sitz in Deutschland. Von dem Vorarbeiter Victor erfahren wir lustiger weise dann alles über den Bananenanbau, denn Victor hat vor diesem Job über 30 Jahre für die Firma Chiquita gearbeitet. Die Abendendstimmung ist herrlich. Die Berge und die Höhe sorgen für eine wunderbare kühle Nahttemperatur und in der Luft liegt das Zirpen der Grillen und Zikaden. Ausgeruht setzen wir am nächsten Morgen unseren Weg Richtung Fortuna Lake, dem riesigen Staudamm der Region, fort. Wir fahren durch zahlreiche kleine Dörfer in denen die Menschen in einfachen Bambus – oder Holzhütten leben. Eine Sache die uns sofort ins Auge fällt ist das die meisten Menschen hier Barfuß laufen und ein Blick auf die drahtigen Waden zeigt das das hier völlig normal ist. Hier braucht niemand „Nike free“ für 160 Euro...hier läuft man sowieso „free“.

Nach weiteren 1300 Höhenmetern erreichen wir den großen Stausee „Fortuna Lake“. Ein italienischer Energiekonzern betreibt hier ein gigantisches Wasserkraftwerk. Als wir über den Damm radeln braut sich bereits ein ordentliches Gewitter zusammen. Wir dürfen unser Zelt auf der überdachten Terrasse des Besucherzentrums aufstellen und sogar im Besucherzentrum selbst schlafen wenn wir wollen. Der Blick von der Terrasse auf den See ist spektakulär und es dauert nicht lange da öffnet der Himmel seine Schleusen. Der junge Nachtwächter kommt auf ein Pläuschchen zu uns herüber. Er ist auch begeisterter Radfahrer und komme jeden Tag aus dem kleinen Dorf wo er lebe mit dem Rad zur Arbeit gefahren. Er erzählt uns das es heute einen Unfall mit einem LKW in der Kurve nach dem Staudamm gegeben habe. Ein Zuckertransport sei umgekippt und Tonnenweise Zucker musste von der Straße geborgen werden aber dem Fahrer sei zum Glück nichts geschehen. In seinem kleinen Glashaus stehen ein paar große gefüllte Beutel. An Zucker wird es in der Region in den nächsten Wochen wahrscheinlich nicht mangeln!

Road to Fortuna Lake

Camping at the Visitor Center of a electricity Company, Fortuna Lake

Fortuna Lake

Eine Sache die wir bislang nur in Panama gesehen haben und die uns lange Zeit ein Rätsel aufgab sind Herzen...blaue Herzen mit einer weißen Umrandung die wir immer wieder auf der Straße oder entlang der Straße auf den Seitenstreifen sehen. Wir haben eine traurige Vermutung und die bestätigt sich auch. Es sind die tragischen Erinnerungen und Mahnmahle an Straßen Unfälle bei denen Menschen ihr Leben verloren haben. In manchen Kurven oder Bereichen sehen wir gleich mehrere Herzen nebeneinander. Manchmal sind winzige Herzen neben große gemalt die kleine Kinder symbolisieren...einmal sehen wir eine Gruppe von mehr als 10 blauen Herzen nebeneinander. Der Anblick stimmt uns traurig und nachdenklich!

Am nächsten Morgen erreichen wir nach wenigen Kilometern die höchste Stelle des Passes. Hier oben wollen wir vor der Abfahrt ein bisschen die herrliche Aussicht genießen. In einem winzigen Restaurant unterhalb der fast schon berühmten „Lost and Found Lodge“ bestellen wir uns ein Frühstück. Es dauert nicht lange da hält vor uns ein Wohnmobil...na klar, wie soll es auch anders sein, mit deutschem Kennzeichen natürlich. Sein etwas verschrobener aber total netter Fahrer Hartmut ist seit mehreren Monaten in Südamerika unterwegs und nun erkundet er Zentral Amerika.

Near "Lost and Found Lodge"

Nach dem Frühstück rollen wir langsam ins Tal hinunter nach Chiriqui. Hier stoßen wir nach Tagen wider auf die Panamerikana. Der Winzige Ort hat außer einem chinesischen Supermarkt nichts zu bieten und an der winzigen Feuerwehrstation mit riesigem Garten dürfen wir leider nicht zelten. Aber die Hilfe kommt wie immer völlig unerwartet. Während wir unsere Räder durch das Dorf schieben frage ich einen Automechaniker der vor deinem Haus an einem LKW bastelt nach einer Camping Gelegenheit. Spontan lädt er uns ein in einem „Studentenzimmer“ in seinem Haus zu übernachtet das momentan leer steht. Das Zimmer ist komplett in Pink gestrichen. Wir können unser Nachtlager auf dem Boden aufschlagen und haben sogar ein eigenes Bad. Perfekt!

Am nächsten Morgen biegen wir auf die Panamericana ein. Was nun kommt ist der Traum eines jeden Radfahrers denn der Abschnitt der Panamericana wird seit 2 Jahren ausgebaut und der gesamte Verkehr befindet sich auf einer Seite. Halt, stimmt nicht, denn die andere Seite ist im Grunde schon fertig, nur noch nicht für den Autoverkehr frei gegeben aber wir werden von den Bauarbeitern mit einem freundlichen Lächeln auf unsere „Privatautobahn“ dirigiert. Man...so schön kann Rad fahren sein. Wir radeln also die nächsten 70 Km entspannt, jeder auf seiner eigenen Autobahnspur, nach Las Lajas wo wir wieder von der Panamerikana abbiegen um weiter auf der Landstraße zu radeln. Im heftigsten Regenguss kommen wir im „Casa Berlin“ an. Einem Bed & Breakfast wo wir uns 2 Tage erholen. Wir sind die einzigen Gäste und haben das riesige Haus für uns. Das B&B wird von einem Berliner Paar betrieben die seit 10 Jahren in Panama leben und wir genießen zwei mal den Luxus eines Bettes, einer Dusche und eines bombastischen Frühstücks!

Back on the Panamericana

Die nächsten Tage radeln wir in einem großen Bogen auf einer winzigen Landstraße wieder zurück auf die Panamericana. Ab Santiago bis Panama Stadt gibt es keine andere Straße und hier haben wir leider auch nur noch den schlechten Radstreifen zum Fahren. Kurz vor Aquadulce treffen wir auf einen uns entgegenkommenden Tourenradler. Jose aus Brasilien ist in Patagonien gestartet und auf dem Weg nach Alaska. Perfekt um gegenseitig einige Tipps auszutauschen und schnell ist eine Stunde plaudern auf dem Radstreifen vergangen ehe wir uns alle wieder auf unsere Sättel schwingen. Da es bereits dämmert heißt es Ausschau nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu suchen. Bei der Einfahrt in die Stadt Aquadulce sehen wir ein riesiges Gebäude mit der Aufschrift „Prottecion Civil“. Das kennen wir schon aus Mexiko. Das ist so eine Mischung aus THW, Feuerwehr und Polizei. Vor dem Haus sitzen ein paar Mitarbeiter ich winke ihnen mit einem breiten Lächeln zu und bekomme ein nettes „Hola“ zurück. Okay, denke ich, die scheinen ja schon mal ganz nett drauf zu sein, frag ich mal nach. Ich erzähle wie immer das wir aus Deutschland kämen, von Alaska nach Feuerland radeln würden und nach einem sicheren Zeltplatz Ausschau halten. Kein Problem, man müsse mal den Vorgesetzten fragen. Keine 10 Sekunden später schüttelt uns ein netter Typ, geschätzt Mitte dreißig die Hände. Ob wir morgen weiter fahren würden? Ja klar, wir gehen früh ins Bett, stehen wieder früh auf und machen sicher keine Probleme sage ich ihm. Nur eine winzige Stelle zum Zelten wäre schon perfekt. Er grinst und sagt wir sollten doch mal mitkommen da hätte er noch was besseres für uns. Wir laufen zu einem kleineren Nebengebäude. In den Zimmern stehen mehrere Doppelstockbetten. Er zeigt ins erste Zimmer und sagt wir könnten es uns hier gemütlich machen. Im Vorraum zeigt er uns zwei Duschen und Toiletten. Hätten wir ganz für uns. Radko und mir fallen fast die Augen aus dem Kopf. Das ist ja nun wirklich fast zu viel des Guten. Überschwänglich bedanken wir uns bei dem Feuerwehrmann. Nichts zu danken, sagt er man helfe doch wo man kann. Ach ja, bevor er es vergesse, mit einem Zwinkern zieht er eine Fernbedienung aus der Hosentasche, drückt drauf und sagt grinsend, ich mach mal die Klimaanlage für Euch an, habt ihr doch nichts dagegen oder? Mir bleibt der Mund offen stehen. Er ist noch keine 10 Meter von uns entfernt da fangen wir beide an im Raum herumzutanzen und zu jubeln. Ich kann sehen das sein Grinsen noch breiter wird. Nach einer erfrischenden Dusche tragen wir unseren Kocher und die Essenstasche vor die Tür. Wir hocken beide am Boden als ich zu Radko sage "ähh Raddi, merkst du DAS auch"? Im nächsten Moment springen wir beide wie von der Tarantel gestochen auf. Unsere Füße brennen wie Feuer. Das kann nur eins bedeuten.....AMEISEN!. Bingo. Unsere Füße sind übersäht von winzigen kleinen roten Ameisen und es tut sau weh! Da hilft nur abduschen. Ich habe die Radtasche vor lauter Schreck völlig vergessen aber in einem Geistesblitz rennt Radko nachdem er sich die Füße abgeduscht hat wieder raus um die Tasche zu greifen...aber zu spät. Die kleinen Biester haben sich zu tausenden über unsere Tasche hergemacht und auch da hilft nur eine lange Dusche.

Die letzten 150 Km auf der Panamericana sind anstrengend und laut. Der Verkehr nimmt stetig zu aber dann fahren wir auf die „Puente des las Americas“ zu die uns über den Panama-Kanal in die Stadt bringen soll. An einem Aussichtspunkt machen wir ein paar Erinnerungsfotos und als wir so den Verkehr auf der Brücke beobachten wird uns eines klar, hier mit dem Rad zu fahren ist mega gefährlich. Es gibt keinen Randstreifen und der Verkehr ist „loco“ sprich verrückt!. Wir wollen also auf den Fußgängerweg auf der anderen Seite und das ist etwas abenteuerlich aber machbar. Es gibt unter der Brücke eine Unterführung die uns auf die andere Seite bringt. Also wuchten wir zu zweit die schwer beladenen Räder Stufe um Stufe runter und dann wieder hoch. Die Brücke ist im schlechten Zustand und bei weitem nicht so spektakulär wie ihre Schwester in San Francisco aber das Gefühl ist trotzdem toll. Wir fahren über DEN Panamakanal und in die Stadt in der die Gegensätze nicht größer sein könnten. Kurz hinter der Brücke radeln wir auf dem Radweg der herrlichen Promenade nach Casco Viejo, die Altstadt. Außerhalb der Altstadt reiht sich ein imposanter Wolkenkratzer an den anderen. Die Anzahl der Luxusgeschäfte und Shoppingmalls ist hoch und wir wundern uns dass es hier offensichtlich jede Menge Leute mit jeder Menge Geld gibt während man in anderen Teilen des Landes noch barfuß läuft und in Bambushütten lebt.

early Morning mood

we made it to Panama City

Puente de las Americas

In der Altstadt wollen wir in das hochgepriesene „Magnolia Inn“. Die Jugendherberge soll sogar einen Flügel im Schlafsaal zu stehen haben. Beim Anmelden frage ich wo unsere Räder stehen können. Man guckt mich verständnislos an und sagt, na auf der Straße. Jetzt bin ich Diejenige  die verständnislos zurück guckt und sich bedankt. Wir landen in einem anderem ziemlich heruntergekommenen Hostel. Alle anderen Herbergen sind ausgebucht. Es gibt nur noch ein Zweibettzimmer aber da dieses genauso viel kostet wie zwei Betten im Schlafsaal ist es uns recht. Das Zimmer ist im Keller, hat nur ein Fenster zum Flur, einen Ventilator und immerhin ein eigenes Bad. Es scheint das einzige neu renovierte Zimmer im gesamten Hostel zu sein. Neben mir an der Rezeption steht ein französisches Paar. Die junge Frau ist den Tränen nahe als sie aus dem Zweibettzimmer das man ihr gezeigt hat wieder rauskommt. Wo denn das Fenster sei? Auf der Booking Seite habe das Zimmer auf den Bildern ein Zimmer mit tollem Blick auf die Altstadt gehabt. Ob es nicht ein anderes Zimmer gäbe. Mh leider nein, und die Bilder auf der Booking Seite würden ja auch nur allgemeine Bilder sein. Mir tut es fast leid als ich begreife das wir ihnen das letzte Zimmer „mit Fenster“ (zum Flur) gerade weggeschnappt haben aber in das andere Zimmer passen unsere Räder nicht rein...Die nächsten Tage verbringen wir mit Stadtbesichtigung und Organisatorischem denn wir fliegen für eine winzige Auszeit nach Hause um jemandem in der Familie zu einer wichtigen Feier zu überraschen...die Räder bleiben in Panama und warten auf unsere Rückkehr und die Segeltour nach Kolumbien. Nachdem wir es im Gegensatz zum kleinen Bär und zum kleinen Tiger wirklich bis nach Panama geschafft haben können wir aus vollster Überzeugung sagen...“Oh wie schön ist Panama“!

Panama City