dream on two wheels

Von Antigua nach Leon (2.6.-5.6.16)

Wie fühlt man sich wenn man als Radfahrer nach 14.000 Kilometern in einen Bus einsteigt? Komisch! Und ein bisschen gestresst denn wir machen uns Sorgen darum ob unsere Räder den Transport auf dem Dach gut überstehen werden. Unsere Tickets beinhalten zwei Etappen mit einem Minibus und eine Übernachtung im Hostal La Bocanita in El Tùco in El Salvador. Um 8:00 Morgens stehen wir innerlich etwas angespannt mit unseren Rädern im Innenhof unseres Hostels in Antigua und...warten...und warten. Nach 45 Minuten dann endlich! Unser Fahrer ist super nett und Schwupps liegen unsere Räder festgezurrt auf dem Dach und dann geht es auch schon los....(man ist ja spät dran) zur Tanke. Schnell mal eben vollgetankt und weiter geht es zur Grenze von El Salvador die nur ca. 30 Busminuten entfernt liegt. Die erste Frage des Busfahrers an alle Reisenden lautet ob wir einen Einreisestempel von Guatemala hätten sonst würde es teuer werden. Ich gucke Radko fragend an. Wie kann man denn kein Einreisestempel haben?? Jepp, das ist offensichtlich keine Ausnahme und viele der Rucksackreisenden haben scheinbar keinen Plan das man an einigen Grenzen wie Mexiko oder den Ländern Zentralamerikas nicht von einem netten Grenzbeamten „angehalten“ wird sondern man aktiv ein Büro an der Grenze aufsuchen muss um alle Formalitäten zu erledigen. An einigen Grenzen kann man nämlich einfach ins andere Land rüber laufen was dann bei der Ausreise teuer werden kann. Was wir auch nicht wussten ist, das der Stempel von Guatemala der wichtigste aller zentralamerikanischen Länder ist denn es gibt wohl eine Art Verbund zwischen den folgenden Ländern. Einem unserer mitreisenden Backpackern kostet der nicht gestempelte Pass nun umgerechnet 130 US Dollar. Leider hat er kein Bargeld dabei, kein Problem. Unser Busfahrer organisiert einen Motorradfahrer der den Backpacker zum nächsten Bankautomaten bringt, dann noch Gebühren am Automaten etc....am Ende sind dass 150 US Dollar für einen Stempel. Offensichtlich nimmt man die Summe auch gerne nicht so genau denn am nächsten Tag erfahren wir staunend von Weiteren die Strafe zahlen mussten und zwar in höchst unterschiedlicher Preisklasse! An der Grenze zu El Salvador werden wir freundlich und zügig abgefertigt und nach einer halben Stunde rollen wir weiter. Die Landschaft ist grün, tropisch, hüglig und El Salvador wirkt irgendwie „aufgeräumt“. Wir sehen wenig Müll am Straßenrand, in vielen Dörfern stehen hübsche Häuser und nach einer Weile windet sich die Straße entlang der Küste mit wunderschönen Ausblicken. Von den 8 Backpackern die im Auto sitzen interessiert das kaum jemanden. Alle sind mit ihren elektronischen Devices beschäftigt oder verschlafen die Fahrt. Radko und ich starren gebannt aus dem Auto. Immer wieder analysieren wir die Route nach Steigungen, Landschaft und Etappen und sind ein bisschen wehmütig im Bus zu sitzen aber das soll sich spätestens an der Grenze zu Honduras ändern.

Am frühen Nachmittag kommen wir im kleinen Touristenort El Túco an. Der Ort besteht aus ein paar Straßen mit Hotels, Hostels, Bars und Restaurants und jeder Menge Surf Shops. In unserem Ticket ist ein Gemeinschaftszimmer im Hostal La Bocanita inbegriffen. Beim Ticketkauf frage ich ob wir die Different für ein Einzelzimmer bezahlen könnten um die Räder sicher unterzustellen. Die Antwort lautet „Nein“ den das Gemeinschaftszimmer sei quasi ein Geschenk. Ähm, wie bitte, die Busfahrt kostet uns schlappe 90 US Dollar pro Person und da sei das Zimmer „geschenkt“??? Ich sage nichts dazu aber im Hostal angekommen frage ich natürlich das gleiche. Und klar können wir die Differenz bezahlen und haben unser eigenes Zimmer. Das Hostal hat einen herrlichen Pool, Hängematten, Klimaanlage und wir fühlen uns sauwohl! Der schwarze Sandstrand ist direkt um die Ecke und die preiswerten Hamburger auch...Mega! Im Hostal fragen wir noch mal nach wo man uns am nächsten Morgen um 6:00 abholen werde. Der Busfahrer sagte uns beim Abschied wir sollten vor dem Hostal warten aber plötzlich lautet die Antwort „am Büro der Gesellschaft Gekko Bus“. Aha...komisch, beim Buchen hab ich noch gefragt ob wir denn mit „Gekko Bus“ fahren würden und das wurde vehement verneint. Es gäbe ja schließlich noch andere Busgesellschaften in Zentralamerika. Pustekuchen, klar fahren wir letztlich mit Gekko Bus Explorer und die haben uns da im Reisebüro schön ein Paar Extra Dollar aus der Nase gezogen denn die Fahrt hätten wir auch direkt preisgünstiger buchen können...

Wir gehen also noch mal ins Büro, zeigen unser Ticket, die nette Mitarbeiterin bestätigt uns auf der Liste und am nächsten Morgen stehen wir um 6:00 auf der Matte. Um 20 nach 6:00 kommt ein blauer Minibuss um die Ecke gefahren, der übergewichtige Fahrer guckt uns, unsere Räder und drei weitere potentielle Mitreisende ungläubig an. Oh nein, Räder, das habe er nicht gewusst und wer den wir alle wären, er habe ja nur zwei Personen auf seiner Liste (nämlich uns). Ob wir wüssten das die Räder extra kosten, ich sage wir hätten alles bezahlt, er sagt nein, der Schweiß tropft ihm von der Stirn, ich sage doch, er möge doch bitte die Gesellschaft anrufen...und siehe da...ich habe recht. Als nächstes will er unsere Ausweise sehen und macht hektisch Fotos davon. Ich runzle die Stirn und frage mich was das soll, komme dann aber zu dem Entschluss das das aus Sicherheitsgründen erfolgt. Weit gefehlt und auf die Lösung wäre ich niemals gekommen aber dazu später. Der Fahrer fängt nun an erstmal an den Kofferraum leer zu räumen. Ein Bettgestell wird mit Radkos Hilfe aufs Dach gehoben, wer hätte auch gedacht das in einen Bus Leute mit Gepäck einsteigen, und dann kann ich es nicht weiter ansehen.

Ich sage zu Radko BITTE geh Du doch aufs Dach sonst bekommt der nen mittelschweren Herzklappenabriss vor lauter Stress und so verschnürt Radko unsere Räder auf dem Dach. Dann noch Surfboard oben drauf und los geht’s.

Nachdem wir losgefahren sind vergehen keine 5 Minuten in denen unser Fahrer nicht gestresst telefoniert oder auf seinem Handy rum tippt. Mehrfach stehe ich vor einem Herzinfarkt wenn unser Bus beim Überholen nur knapp dem Gegenverkehr ausweicht und dann soll Radko nochmal seinen Pass nach vorne reichen, man könne auf dem Bild die Nummer nicht erkennen. Mir kommt das alles Spanisch vor und ich frage mal nach wozu er denn die Fotos brauche. Für die Grenze aber das würde er uns später erklären. Aha. Na von mir aus. Nach zwei Stunden halten wir plötzlich irgendwo an. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht ein weiterer Minibus, und plötzlich...Fahrerwechsel. Ich bin heilfroh und in den nächsten Stunden lernen wir unseren neuen Fahrer Fernando auch wirklich zu schätzen. Mit stoischer Souveränität umfährt er alle Schlaglöcher, Hilft uns an den Grenzen und setzt sich mit unangenehmen Straßen Polizisten in Honduras auseinander. Von Fernando bekommen wir auch die Erklärung bezüglich unserer Pässe. Die Fotos werden (wahrscheinlich per Whatsapp) an einen Grenzbeamten geschickt der alle Daten bereits in das System einspeist und bei unserer Ankunft müssen nur noch wenige Klicks gemacht werden. Wow! Das funktioniert allerdings nur bei der Ausreise aus El Salvador. An der chaotischen Grenze zu Honduras ist warten angesagt...An der vergitterten Abfertigungshalle im Niemandsland zwischen El Salvador und Honduras sind Himmel und Menschen unterwegs und eine endlose LKW Schlange säumt die Straße. Fernando erledigt für uns aber zügig die Formalitäten, „spendet“ dabei in Absprache mit uns pro Person einen Dollar für einen „guten Zweck“ den der Grenzbeamte bestimmen wird und schon sind wir wieder startklar. Jetzt ist uns ein bisschen mulmig denn unser erster Fahrer fragte uns ob wir Besitzpapiere für unsere Räder dabei hätten. Ähm nein. Das hätte andere Radfahrer vor ein paar Wochen 20 Dollar pro Rad Bestechungsgeld gekostet. Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Jaaa, die Straßen Polizei in Honduras sei korrupt sagt er. Ich stelle mich seelisch schon mal darauf ein das wir 40 Dollar blechen müssen und prompt werden wir nur wenige Meter hinter der Grenze von der Polizei angehalten. Man fragt wem die Räder gehören, Fernando sagt zwei Touristen aus Deutschland, aha, keine weitere Fragen zu den Rädern. Ab sofort geht es um den Bus und den Fahrer. Offensichtlich sind ein Fahrer aus El Salvador und ein Bus mit einem Kennzeichen aus Nicaragua bei einem Straßen Polizist in Honduras eine explosive Mischung. Er will die Originalpapiere sehen. Fernando sagt höflich das das Unternehmen nur Kopien bereitstelle. O-RI-GI-NAL hören wir immer wieder vom aufgebrachten Polizisten. Plötzlich macht Fernando die Scheibe hoch und fährt weiter. Nach ein paar Metern dreht er sich zu uns um und sagt grinsend, scheiß Polizei, die wollen doch immer nur Kohle. Das ganze Spiel wiederholt sich in den 80 Km ganze 5 Mal, ob da immer wieder Kröten die Seite wechseln können wir nicht sehen und beim sechsten Stopp will man nur eine Spende für irgendwas. Die Kinder halten eine mit Scheinen gefüllte Box zu unserem Fahrer hoch. Neben dem Kind steht ein Polizist der seinen Finger am Abzug des Maschinengewehrs hat. Reizend! Fernando spendet auch „bereitwillig“ ein paar Scheine. Die Krönung ist der Tanklaster der neben uns fährt auf dessen Trittbrett auf jeder Seite zwei bewaffnete Security Männer mit Maschinengewehren stehen sowie ein weiterer in der Fahrerkabine, aber dann sind wir auch schon durch und reihen uns am Grenzübergang nach Nicaragua ein. Wieder übernimmt alles Fernando für uns. Hier dauert das ganze deutlich länger. Wieder sind Himmel und Menschen vor Ort. Am Straßenrand steht eine „Stadt“ aus Holzbuden an denen undefinierbares gegrillt wird. Es ist unglaublich heiß und nach 60 Minuten kommt ein Grenzbeamter zu uns und händigt uns unsere Pässe aus. Juchhe, jetzt sind wir in Nicaragua und wir sind heilfroh das wir uns hier wieder in unsere Sättel schwingen werden....

putting the bicycles on the Roof for our ride through El Salvador and Honduras

El Tùnco beach, El Salvador

Hostal La Bocanita, El Túco

We needed it...