dream on two wheels

San Miguell de Allende nach Tula de Allende (7.3.-12.3.16)

Aus San Miguell de Allende strampeln wir etliche Km bergauf um die Stadt zu verlassen. Die 80 Km nach Queretaro sind unspektakulär. In Queretaro bleiben wir nur eine Nacht bei der Familie Dumond über Warmshowers. Wir werden von den beiden Haushälterinnen großartig bekocht. Unsere Gastgeber sind ein mexikanisches-französisches Ehepaar und interessanter Weise überhaupt keine Radfahrer. Eine gute Freundin der beiden ist leidenschaftliche Radreisende und so hat sich die Familie auch bei der Warmshower Plattform angemeldet.

Number 9

Fruit-shop along the way...

 Eigentlich ist Queretaro  einen längeren Aufenthalt wert, dennoch haben wir momentan das Gefühl genug Großstädte besucht zu haben. Wir sehnen uns ein wenig nach Natur und Ruhe denn das Radfahren auf den mexikanischen Straßen ist teilweise  aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens recht frustrierend. Wir haben bereits unsere nächste Unterkunft Bei Luis in Tequisquiapan, einem kleinen Dorf rund 60 Km von Queretaro entfernt, zugesagt bekommen. Luis Familie widmet sich ganz dem Weinanbau. Nächstes Jahr werden wohl die ersten Flaschen auf den Markt kommen. Luis wohnt abgelegen in einer kleinen Wohnsiedlung inmitten der schönsten Natur und Stille. Bereits auf dem Weg zu ihm fahren wir über einsame Feldwege inklusive Platten Nummer neun.  Die letzten 2 Km sind Kopfsteinpflaster. Ich bin genervt und am Fluchen den mit den schwer beladenen Rädern ist das alles andere als spaßig aber am Ende muss ich zugeben das es die Mühe Wert war. Die Stille und das Wohnzimmer mit den beiden Panoramafenstern mit Blick auf den großen Garten und die herrliche Berglandschaft entschädigen für alles. Als es am nächsten Tag so heftig stürmt das Rad fahren schlechthin nicht möglich ist bleiben wir einen weiteren Tag und genießen die Ruhe. Luis pfiffige Border Collie Hündin Nina freut sich das wir bleiben denn ihre Lieblingsbeschäftigung ist Frisbee spielen und wer kann schon so einem treuen Hundeblick widerstehen...

Road to Tequisquiapan

Wir haben die Nase voll von lauten Autobahnen. Wir sind nur noch ca. 130 Km von Mexico City entfernt und diese Nähe macht sich mehr und mehr auf den Autobahnen und größeren Landstraßen bemerkbar. Wir versuchen erstmalig auf eine wirkich kleine Straße auszuweichen und erleben den besten Radtag auf dem mexikanischen Festland schlechthin. Wir sind im kleinen Bundesstaat Hidalgo und fahren inmitten der schönen Berglandschaft auf einer ruhigen Landstrasse von Dorf zu Dorf nach Huichiapan.

Hidalgo

In Huichiapan fragen wir uns zu den „Bomberos“ (Feuerwehr) durch um um einen Zeltplatz für eine Nacht zu erbitten. Im Gespräch beschreiben wir die weitere geplante Route über kleine Nebenstrassen nach Tula de Allende. Die Feuerwehrmänner und die anwesende örtliche Polizei fallen fast in "Ohnmacht" als sie von der Route hören...viel zu einsam und gefährlich sei das und man könne uns überfallen denn es gäbe ein Stück von 20 Km ohne Ortschaften. Wir sollten in jedem Falle wieder auf die mautpflichtige Autobahn zurückfahren. Wir sind frustriert, war der letzte Radtag doch wirklich schön. Aber wir wollen nicht gegen den Rat der Ortskundigen handeln und radeln schweren Herzens den Umweg auf die Autobahn zurück. Was hier folgt ist ein Radler-Alptraum. Wir sind auf der MEX 57, die Autobahn die von Queretaro nach Mexico City führt. Auf drei Spuren brettern die Busse und LKWs an uns vorbei. Zudem haben wir hauptsächlich Gegen- oder Seitenwind und müssen uns satte 35 Km Stück für Stück mehr bergauf als bergab vorarbeiten. So langsam merken wir auch das die Luft "dünner" wird. Wir radeln zwischen 2000-2500 Meter über Null und da kommen wir ab und an ordentlich ins Pusten. Einen ersten großen Meilenstein „feiern“ wir dann aber noch auf dem Radstreifen der Autobahn bei Km 113 vor Mexiko Stadt: unser Tacho springt auf 10.000 geradelte Kilometer und das wird natürlich am Abend mit dem einen oder anderen Bierchen belohnt. Am „Monte Alto“ sind wir am höhsten Punkt angemommen, es folgt eine rauschende Abfahrt von etlichen Kilometern bis wir auf den „Arco Norte“ stoßen, die nördliche Umgehungsstraße von Mexico City. Hier biegen wir mit gutem Rückenwind nach Tula de Allende ab. Die letzten 20km laufen wie am ------- Schnürchen, komisch!

10.000 Km on the Road...

113 Km north -west of Mexico City

"Arco norte" on the way to Tula

Tula war einst das kulturelle Zentrum der Tolteken und eines der größten Machtzentren Zentralmexicos im 10. Jarhundert. Hauptatraktion ist die "Pyramide des Tlahuizcalpantecuhtli" oder auch" Morgensternpyramide". Auf der Oberfläche der Pyramide stehen 4 beeindruckende 4,5 Meter hohe toltekische Krieger, die sogenannten Atlanten.

Überraschender Weise ist Tula trotz der beindruckenden archäologischen Anlage wenig touristisch besucht. Die Besucher sind hauptsächlich einheimische Touristen. Wir nehmen an das die nicht unweit entfernt liegende gigantische archäologische Stadt „Teotihuacan“ der Grund dafür ist. Dort hin wird es wohl die meisten Touristen locken.

Cactus-Garden Tula de Allende

Wir fahren mit dem Bus zur "Zona archeologica". Für 65 Pesos pro Person inclusive des Eintrittes in das Museum haben wir bis 17:00 Zeit in Ruhe über die Anlage zu laufen. Wir schlendern zunächst durch einen grandiosen Kakteengarten. Von hier aus geht es weiter über einen ca. 500 m langen Pfad (der natürlich von Souvenierständen gesäumt ist) zur eigentlichen Anlage. Wir klettern auf die beiden Pyramiden. Die Atlanten stehen in furchterregender Haltung drohend auf der Plattform der Morgensternpyramide als wachten sie nach wie vor über die gesamte Region. Von hier oben haben wir einen herrlichen Ausblick auf Tula und die Umgebung.


Tula de Allende über Teotihuacan und Puebla nach Oaxaca (14.3.-25.3.16)

In Tula de Allende stoßen wir wieder auf unsere englischen Radkollegen Laura und Sam und beschließen spontan zusammen die Tagesettappe nach San Juan den Teotihuacan zu fahren. Der Weg führt uns zunächst durch ein riesiges Industriegebiet mit Fabriken und Ölraffinerien. Die Dunstglocke um uns herum ist beeindruckend. Die Nähe zu Mexico Stadt wird mit jeder Pedalumdrehung deutlicher. Unsere Route führt uns über Land- und Dorfstrassen und hunderte von „Topes“.

„Topes“, „Reductores de Velocidad" oder einfach nur „Reductores“ sind nur einige Bezeichnungen für das nervigste und durchaus auch gefährliches Radhinderniss auf Mexicos Landstrassen. Einmal in Gedanken übersehen ist mühelos die Felge im Eimer und der Radfahrer über den Lenker geflogen. Die Form, Höhe und Farbe ist je nach Gutdünken von unterschiedlichster Qualität und Warnschilder werden scheinbar willkürlich aufgestellt. Mal sehen wir drei Schilder hintereinander die netter Weise auf ein „Tope“ in 300 m, 200 m und 100 m Entfernung hin weisen, mal erscheinen die kleinen Biester einfach wie aus dem Nichts auf der Strasse. Die Rede ist von „Speedbumbs“ oder „schlafenden Polizisten“. Eine eher ausgestorbene Spezies in Deutschland. Wir beobachten die verschiedensten Techniken der Autofahrer diese lästigen Hindernisse zu überwinden. Die gängigste ist wohl auf den 200 m zwischen zwischen zwei Topes Vollgas zu geben, kurz vor dem Aufprall eine Vollbremsung hinzulegen um dann wieder erneut Vollgas zu geben. Die Sicherheit der Fußgänger direkt am Tope ist damit als nicht schlecht einzuschätzen, auf den Metern dazwischen herrscht allerdings weiterhin Lebensgefahr...

Wir arbeiten uns also über hunderte von angelegten Bodenwellen und freuen uns nach 90 Km über den ersten Blick auf die majestätischen Rouinen von Teotihuacan, die geheimnissvolle Ruinenstadt.

Teotihuacan

Den nächsten Tag verbringen wir im Bann der Pyramiden und Ruinen. Wir erklimmen die mächtige Mond- und Sonnenpyramide und sind schwer beeindruck von der mysteriösen Anlage.

Pyramid of the Sun

View from the Pyramid of the Sun

Pyramid of the Moon

Unsere Reise führt uns weiter in das 135 Km entferne Cholula. Ursprünglich eine eigene Stadt ist Cholula inzwischen mit Puebla zusammengewachsen. Puebla ist auch bekannt durch sein VW- Werk und seine gekachelten Häuser und Kirchenfassaden. In Cholula besichtigen wir ebenfalls eine archeologische Attraktion. Die große untertunnelte Pyramide auf deren Plattform im 16. Jahrhundert eine imposante Kirche erbaut wurde. Der Ausblick von Oben auf die Stadt herunter ist super, die schneebedeckten Berge und Vulkane in der näheren Umgebung sind leider nur schemenhaft zu erkennen.

Cholula

Von Puebla aus fahren wir für die nächsten 330 Km auf der Landstrasse. Nachdem der Verkehr zunächst erwartungsgemäß heftig ist radeln wir zunehmend nur noch durch kleine Dörfer. Wir verlieren ordentlich an Höhenmeter und „es rollt gut“. Im Tal wird es nach längerer Zeit im Hochland unangenehm heiß. Die Vegetation verändert sich auch langsam. Von der erher kargen trockenen Berglandschaft erfolgt der Wechsel in eine tropische grüne und bunte Landschaft. Wir radeln vorbei an Kaffee- und Papayafeldern. Zuckerrohrplantagen und riesige Mangobäume säumen die Strasse und plötzlich sind wir nahezu alleine auf der Strasse.

Road to Cuicatlan

Die Stille ist berauschend. Nur alle 10-20 Minuten passiert uns ein Auto. Man winkt und hupt uns freundlich zu und immer wieder gibt es „Daumen hoch“ aus den Fenstern der Autos. Nach der berauschenden, fetzigen Abfahrt kommt natürlich der unabwendbare Gegenanstieg und auf den bereiten wir uns bei einem Ruhetag im kleinen Örtchen Cuicatlan schon mal mental und physisch vor.

An den nächsten zwei Tagen winden wir uns Kurve um Kurve in Serpentienen wieder auf ca. 2500 Höhenmeter hoch. Es folgen einige Up and Downs so das wir insgesamt auf knapp 3000 geradelte Höhenmeter in zwei Tagen kommen. Am ersten Tag entdecken wir am Abend völlig fertig mitten im Nirgendwo ein kleines Restaurant am Wegesrand. Spontan gehen wir in die winzige verräucherte Hütte. Wir treffen auf Feliz, eine ältere Dame die gerade fleißig Mais-Tortillas herstellt. Unter dem Zementherd brennt ein offenes Feuer, die leicht gewölbte Backfläche wir mit Kalk bestrichen. Dann wird die Maismasse mit einer speziellen Handpresse zu hauchdünnen Fladen verarbeitet und über dem Feuer gebacken. Schnell ist klar das wir problemlos hinter dem Häuschen unser Zelt aufstellen dürfen und für das Abendessen ist auch gesorgt. Immer mehr Zutaten zaubert Feliz aus allen möglichen Gefäßen und Ecken hervor und aus dem im Windzug an der Decke hängendem Eimer werden geschwind zwei wirklich gut aussehende Steaks rausgeholt und über dem Feuer gebraten. Es folgt ein Spiegelei, Bohnenmus, Nestcafe, selbst hergestellte „Salsa“ aus Knoblauch und Chilie und natürlich jede Menge Tortillas. Alles wir mit den Händen gegessen...so esse man Auf dem Feld erzählt uns Feliz mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht und berichtet uns ein wenig von ihrem Leben im Mexico Stadt, ihren 6 Kindern, 30 Enkeln und 5 Urenkeln. In ihre Heimat sei sie vor 17 Jahren zurück gekommen aber Gäste seien im Restaurant seit dem Ausbau der mautpflichtigen Autobahn vor einigen Jahren eher selten geworden. Die Nacht im Zelt ist angenehm kühl, seit Monaten hören wir Nachts nichts ausser das Zirpen der Grillen den der Autoverkehr kommt gegen späten Abend komplett zum Stillstand.

After a Long climb...

Dinner is almost ready

 Am Folgetag erreichen wir Oaxaca. Wir machen zum ersten Mal „Couchsurfing“ und verbringen 3 super tolle Nächte bei einer deutsch- mexicanischen Familie. Die Zeit mit Andrea, deren Tochter Merle und den zwei belgischen Schäferhunden vergeht wie im Flug. Der Rest der Familie ist gerade „ausgeflogen“ und studiert in Deutschland. Wir fahren mit dem Bus in die historische Altstadt. Wir sitzen auf dem „Zocalo“, dem Hauptplatz und beobachten das bunte Treiben. Die Stadt ist vollgepackt mit Touristen denn in Mexico sind gerade Osterferien. Oaxaca ist berühmt für seinen großen Markt für Kunsthandwerk aus der gesamten Region. Gut das unsere Taschen schon voll sind...wir hätten sie sonst hier mühelos füllen können.

Der Abschied von Oaxaca und diesem herzlichen „Zuhause“ welches wir für drei Tage genossen haben fällt uns schwer.

Oaxaca

traditional Art

Iglesia Santo Domingo

Little Girl in Oaxaca

Iglesia Santo Domingo

The "Zocalo" in Oaxaca

"Main Street" Oaxaca

Oaxaca nach San Cristobal de las Casas (25.3.-4.4.16)

Nach einer zweitägigen Pause setzen wir unsere Reise ausgeruht fort. Wie immer ist es ein wenig anstrengend aus einer Großstadt herauszufahren aber nach zwanzig Km lichtet sich der Verkehr und wir radeln entspannt die 54 Km nach Mitla. Es ist drückend heiß geworden. Die Sonne brennt teuflisch auf uns hinab. In Mitla suchen wir uns ein preiswertes Hotel und lassen alle viere gerade sein. Es ist fünf Uhr Nachmittags und Radkos Tacho zeigt 38 ° im Schatten. Wir tanken unsere Wasservorräte auf. Der Ventilator läuft im Zimmer auf Hochtouren aber es wird eben nur heiße Luft bewegt. Wir schlafen dennoch irgendwann erschöpft von der ungewohnten Hitze ein und stehen mit dem Sonnenaufgang wieder auf. Nach Mitla geht es auf 1900 Höhenmeter aufwärts. Bereits morgens um zehn ist es brühend heiß. Die Sonnencreme läuft uns im warsten Sinne „weg“. Da hilft nur langärmlich radeln denn die Höhen-Sonne brennt gnadenlos auf der Haut. Um die Mittagszeit ist die 40° C Marke dann entgültig auch im Schatten überschritten. Einmal mehr sind wir froh das wir früh losgefahren sind und erreichen nach einem schweißtreibenden Anstieg in ettlichen Serpentinen den höchsten Punkt.

Between Mitla and San Pedro Totolapan

Auf einer Aussichtsplattform machen wir eine kurze Pause aber so richtig einladend ist der Ort nicht zum Verweilen denn es türmen sich Berge von Müll am Abhang und am Wegesrand und etsprechend ist die Bergluft muffig. Wir schwingen uns relativ schnell wieder auf unsere Räder. Es folgt eine traumhafte Abfahrt auf der wir 1000 Höhenmeter verlieren. Die Abfahrt hat es in sich denn der Wind bläst uns in heißen Böhen direkt ins Gesicht. Oft müssen wir trotz ordentlichem Gefälle in die Pedalen treten um das Fahrrad am rollen zu halten. Es ist wie Radfahren in der Sauna. Der Schweiß perlt nur so an uns herab aber durch den heißen trockenen Wind bleiben unsere Shirts nahezu trocken...verrückt! Die Strasse windet sich entlang des Rio Quiechapa durch die karge und einsame Berglandschaft. Einige der Berghänge sind mit tausenden von Kakteen gesäumt...Mexico Feeling pur! An einem kleinen Strassenrestaurant bleiben wir stehen, zischen eine Cola und 1500 ml Fruchtschorle. Es kommt uns vor als würden die Getränke bereits auf der Zunge verdampfen. Unser Wasservorrat von 10 L ist bereits aufgebraucht so das wir auch diesbezüglich noch mal nachtanken.

 Cactus ...pure Mexico Feeling!

Nach 84 Tageskilometern erreichen wir San Pedro Totolapan. Die kleine Stadt am Fluß ist mit Kokospalmen gesäumt und für mexikanische Verhältnisse recht „aufgeräumt“. Im einzigen Hotel der Stadt können wir für ein paar Pesos übernachten. Immer noch ist es drückend heiß. Das Zimmr hat keine Fenster. Die Dusche ist kalt aber durch die Hitze immer noch unangenehm lauwarm. Wir stellen den Ventilator an und verziehen uns auf die Terrasse wo wir unseren Benzinkocher zünden und drücken uns ein paar Nudeln mit geröstetem Knoblauch und Tomaten rein. Immerhin bleibt der Wind so dass wir nach Sonnenuntergang zumindest direkt im Wind ein wenig „Abkühlung“ verspüren. Frühzeitig fahren wir morgens weiter. Die Strasse ist relativ einsam und windet sich entlang der immer grüner werdenen Berglandschaft. Einige Teile des Weges sind gesäumt von riesigen Agavefeldern, die Berge wirken sanfter und grüner und auch Bäume mit Blüten in den tollsten Farben werden sichtbar. Gegen abend erreichen wir das auf 1600 m Höhe liegende winzige Dorf La Reforma. In einem kleinen „Comedor“ kaufen wir Wasser und zwei Bier. Das haben wir uns heute verdient. Die Besitzerin, eine ältere „Seniora“ trägt schnell einen der Tische mit ihren Enkelinnen auf die Veranda damit wir dort im Schatten sitzen können und sagt immer wieder „hay que Calor“...sprich wie heiß es doch sei. In anbetracht der schon recht tief stehenden Sonne fragen wir ob wir neben dem Rastaurant zelten dürften. Klar, aber wir könnten es uns auch auf der Veranda ihres Hauses oberhalb des Rastaurants bequem machen dort gäbe es schließlich ein paar Hängematten und ein Bad. Ein Angebot das wir natürlich nicht ablehnen können. Die drei halbwüchsigen Enkellinnen zeigen uns kichernd die Banos und die Terrasse und schnell steht unser Zelt mit Blick auf das herrliche Tal zwischen den Hängematten. Der krönende Abschluß des Tages ist die „Dusche“. Die Dusche ist wie wir es schon oft erlebt haben ein kleiner Raum neben dem Raum mit der Toilette. Diese hat zwar einen Spülkasten der aber in den wenigsten Fällen an eine Wasserleitung angeschlossen ist. Entsprechend steht vor dem Häußchen der obligatorische Eimer. In der Regel ist in der Nähe eine Wassertonne oder ein Bassin mit Regenwasser und aus diesem bedient man sich zum „spülen“. Die benötigte Wassermenge sollte man am besten vorher kalkulieren. Ähnliches hat es aufsich mit der Dusche. Man nehme Wasser im Eimer, gehe in die „Duschkabine“ und dann geht’s auch schon los. Eimer über den Kopp kippen. Nach schweißtreibenden 72 Km Radfahren ein absoluter Luxus!

Between San Pedro and La Reforma

La Reforma

Morning mood near La Reforma

Die Weiterfahrt führt uns entlang einer tropischen Berglandschaft und Mangoplantagen. Es folgen ettliche Auf- und Abs aber irgendwann erreichen wir den Ort Jalapa de Marques der nur noch wenige Meter über Normallnull liegt. Wir sitzen auf den Stufen eines Restaurants an einer Strassenkreuzung und trinken die obligatorische Cola. Das Tal wirkt wie eine kleine Oase. Überall wachsen riesige Mango- und Papayabäume und in der Ferne wehen die riesiegen Blätter der Kokospalmen im Wind. Auf der Strasse knattern rote, gelbe und blaue Motortaxis an uns vorbei und vermitteln einen Hauch von Asien. Bei der Weiterfahrt passieren wir kleine Marksstände entlang der Strasse auf denen sich herrlich orange-gelbe Mangos türmen. Nach 78 Km erreichen wir Tehuantepec. Dort wo am sogenannten "Istmo" der Atlantik und Pazifik gerade 215 Km auseinander liegen. Geographisch gesehen radeln wir hier nach Mittelamerika ein! Die Gegend ist berüchtig für starke Winde aus jeglichen Himmelsrichtungen und wir Plagen uns mit recht ordentlichen Seitenwind ab. Immerhin ist die Gegend recht flach und so radeln wir bei immer noch brühender Hitze die 87 Km in die Ortschaft Niltepec. Die Landschaft hat nicht viel zu bieten. Wir folgen seit Oaxaca immer der Mex 190 die uns nach San Cristobal de las Casas führen wird. Die Gegend wirkt trostlos und verarmt. Niltepec ist ein Dorf das hauptsächlich durch seine Lage an der gut befahrenen Landstrasse profitiert. Es gibt zwei Hotels im Ort. Im ersten Hotel guckt mich ein mittelalter Mexikaner mit nacktem Oberkörper und Lebensmittelschwangerschaft abschätzend an und gibt als Eröffnungsangebot 450 Pesos für ein Zimmer an. Für ein Hotel mittem im Nichts ganz schön übertrieben. Ich bedanke mich mit meinem Standartspruch dass ich mich erst mit meinem Mann besprechen müsse. Im zweiten Hotel werden wir wirklich nett empfangen. Das Zimmer kostet 200 Pesos mit Klimaanlage und direkt davor schaukeln auf der überdachten Terrasse im ersten Stock bunte einladene Hängematten im lauen Lüftchen. Gebongt. Hier bleiben wir. Die Klimaanlage schafft es zwar nicht das Zimmer unter 25° zu bekommen aber hier fühlen wir uns wohl. Wir relaaaaxxxen den Rest des Tages schlaff wie die Faultiere in den Hängematten. Einzig zur Nahrungsaufnahme müssen wir uns aufsetzen und das ist anstrengend genug. So schön kann Feierabend sein!

Between La Reforma and Jalapa, Oaxaca

Jalapa de Marques, Oaxaca

on the way to Tehuantepec

Im 60 Km entfernten Tapanatepec teilt sich die Strasse und der Hauptstrom fließt zum Glück nach Guatemala. Wir radeln nun wieder hinauf ins Hochland. Nach schweißtreibender Arbeit in Serpentinen erreichen wir den Bundessaat Chiapas und eine wunderschöne Hochebene. Die Landschaft ist geprägt duch Weideland und Ranchos und wenn wir es nicht besser wüssten oder hier und dort mal eine Palme stände würden man glatt denken man sei nicht in Mexiko sondern in Bayern. Wir sind nahezu allein auf der endlos geraden Strasse. Immer wieder zeigen sich herrliche Ausblicke auf die sanfte Berglandschaft. Das Licht und das Spiel der Wolken sind zauberhaft und ehe wir uns versehen erreichen wir nach 81 Km Cintalapa. Am Ortseingang radeln wir gerade Wegs bei der Feurwehrstation vorbei. Klar schnell mal abgebremst und rüber geschoben. Man sitzt zu 4 am Tisch auf dem überdachten Parkplatz und es gibt offensichtlich gerade nichts zum Löschen ausser den Durst. Wir müssen gar nichts sagen. Hier können wir bleiben. Es würden öfters mal Radfahrer vorbeikommen. Die kalte Dusche und zwei ehemalige verschlissene Autositze auf denen wir es uns bequem machen rundnen die ganze Sache ab.

Road to Cintalapa, Chiapas

Rancho in Chiapas

Road to Cintalapa

Our View during Lunch Break

camping with the Bomberos (Firebrigade) in Cintalapa

Die nächste Etappe führt uns über den Canon del Sumidero und einer berauschenden schier endlosen Abfahrt in die Hauptstadt von Chiapas nach Tuxtla Gutierrez. Groß, laut und unspectakulär und daher entscheiden wir uns nach 97 Km trotzdem noch die weiteren 10 Km in das Örtchen Chiapa de Corzo zu radeln. Von der Hauptstadt-Polizei wissen wir das es dort eine rote Kreuz Station gibt und dort erfragen wir höflich eine Ecke zum Zelten. Der junge Mitarbeiter tippt auf seinem Telefon...es folgt ein kurzes Gespräch, offensichtlich mit einem Vorgesetzten, und schon haben wir eines der Patientenzimmer mit zwei Betten, eine Dusche und eine Gemeinschaftsküche die wir benutzen dürfen. Grandios! Man sage uns das Zimmer würde eh nicht verwendet werden da man die Kranken in die nahe gelegene Hauptstadt transportiere. Die Betten sind durchgelegen aber gemütlich. Am Fenster steht noch eine riesige alte Sauerstofflasche und Radko überlegt kurz ob wir die nicht noch auf die Räder kriegen um beim morgigen Anstieg auf 2300 Höhenmeter mal kurz ne Briese O2 nehmen zu können. Die Nacht ist herrlich ruhig. Dank der Zeitumstellung in Deutschland die unser Handy interressanter Weise „verwirrt“ hat klingelt der Wecker schon um 5 als um 6 und wir wundern uns dass es draussen noch dunkel ist. Macht nix...haben ja immerhin trotzdem satte 9 Stunden gepennt und daher schlürfen wir genüsslich in Ruhe einen Filterkaffee aus unseren obligatorischen wiederverwendbaren Starbucks Plastickbechern denen man die Reise aus Canada inzwischen gut ansieht und machen uns auf den Weg zum „Mörderanstieg“.

After a quiet night with the Red Cross

Wir entscheiden uns seit langem mal wieder auf die mautplichtige Autobahn zu fahren da wir aus unterschiedlichen Quellen wissen das die Strecke nach San Cristobal deutlich kürzer und der Anstieg gleichmäßiger ist. Aber die Rechnung haben wir ohne den Mautstationmitarbeiter gemacht. Hier könnten wir nicht radfahren. Auf meine Frage warum lautet die Antwort zunächst es sei zu gefährlich. Als ich dann nett erkläre das es für uns doch viel gefährlicher auf der kurvenreichen Landstrasse ohne Seitenstreifen sei kommt der wahre Grund ans Licht. Die Kamera! Wir sollen uns doch am besten einen Pick up suchen der uns für die Durchfahrt mit nehme und wenn wir dann ausserhalb der Reichweite der Cameras seinen könnten wir ja wieder weiterradeln. Nun ja, auch in Mexiko gibt es Vorschriften und Bürokratie auch wenn diese einem manchmal nicht schlüssig erscheinen wollen. Wir radeln also 10 Km zurück zur Landstrasse denn per Anhalter wollen wir nicht mit fahren. Kilometer um Kilometer winden wir uns in Serpentinen die wie eine Wand vor uns erscheinende Bergwand hoch. Von 400 Meter müssen wir auf 2300 Meter hoch in angeblich 60 Km. Das es bei den Kilometerangaben in Mexico gelegentlich „geringfügige“ Abweichungen gibt sind wir schon gewohnt. Es ist nicht selten das ein Ort mit sagen wir mal 50 Km Entfernung ausgeschildert ist und 10 Km weiter dann nochmal mit 48 Km. Nach schier unzählbaren Serpentienen mit satten Prozenten kommen wir an einem Militärposten vorbei. Ich frage wie weit es noch bis San Cristobal sei und wie die Steigung weiter gehe. Ach es sei nicht mehr so weit und eigentlich kaum noch bergig, eher flach würde es dahin gehen. Es folgen weitere 500 Höhenmeter und nach einer Pause mit grandioser Aussicht am Wegesrand erreichen wir ein winziges Restaurant. Wir sind in Chiapas, einem der ärmsten Bundesstaaten Mexikos und dem Staat mit der höchsten indigenen Bevölkerungsdichte. Es ist ein ganz anderes Mexiko hier. Man beäugt uns eher misstrauisch. Winken und hupen aus den Autos ist eher selten geworden aber dennoch bemühren wir uns bei jedem Augenkontakt freundlich mit „Buenos dias“ oder „Buenas tardes“ zu grüßen und in der Regel wird dann doch freundlich aber reserviert zurück gegrüßt. Das Restaurant ist eine Mischung aus Holz und Wellblech. Die örtliche Tankstelle ist es gleichzeitig auch. Mehrere gut gefüllte Benzinkanister stehen aufgereit vor dem „Laden“. Aus dem Fenster starrt uns eine junge Frau in traditioneller Kleidung an als würden wir von einem anderen Planeten kommen und in der offenen Nische mit drei Tischen die das Restaurant darstellt sitzen 3 Männer die sich ein Dosen-Bier nach dem anderen reinziehen. Einer steht auf, geht einen Meter vom Tisch weg und pinkelt den Abhang hinunter, irgendwie muss ja Platz geschaffen werden und widmet sich anschließend dem nächsten Bier. Coca Cola gibt es in jeglicher Größe. Aber das kennen wir schon. Wenn es auch sonst kaum etwas gibt, hierrauf ist immer verlass und billiger als Wasser ist es allemal! Wir donnern uns also eine eiskalte Cola rein. Währenddessen stehen die drei Männer auf und jeder steigt in ein Auto! Ein kleiner junge sammelt flink die lehren Dosen ein und beim raschen Durchzählen kommt jeder der drei auf 4 Bier. Am liebsten würden wir nicht weiterfahren aber so richtig wohl fühlen wir uns hier nicht. Ein junger Typ der mit seinem Mopet zum tanken kommt zeigt auf eine kleine Strasse. Die würde uns direkt auf die Autobahn führen und das wäre doch viel einfacher. Wir entscheiden uns dem Rat zu folgen. Die Strasse wird nach wenigen Metern zur steinharten Piste. Immer wieder müssen wir riesigen Felsbrocken ausweichen aber nach 3 Km stehen wir wirklich an der Autobahn. In 10 Km sollen wir ja angeblich in San Cristobal ankommen aber die Einschätzung war leicht verfehlt. Wir radeln an einem Restaurant mit einer gigantischen Terrasse und herrlichem Blick auf die Berglandschaft vorbei. Ich brauche Radko nur einmal anzugucken und weiss was er denkt. Daaaaaa Zelt aufbauen!!!!! Im Restaurant ist relativ viel Betrieb, einige mexikanische Touristen wollen gerne Fotos mit uns machen. Vor dem Restaurant sitz eine Frau in traditioneller Tracht bestehend aus einem wollartigen Rock, Bluse und glänzendem breitem Gürtel. Sie beäugt die Situation ohne jegliche Mimik. Ich habe ein bisschen Hemmung nach einem Zeltplatz zu fragen aber der schöne Ausblick ist zu verlockend und mehr als „Nein“ geht ja nicht. Ich erkläre also höflich unsere Situation. Viel bergauf seien wir heute schon geradelt und sehr erschöpft und nach kurzen Rücksprachen mit den anderern Frauen dürfen wir „über den Wolken“ zelten. Ein Traum! Um uns erkenntlich zu zeigen essen wir selbstverständlich etwas zu Abend im Restaurant. Die hausgemachten fritierten Tortillas sind lecker und ebenso das traditionelle Hünchen mit „Mole“ einer bräunlichen Chili Sauce mit einem Hauch von Chocolate. Als die Sonne untergegangen ist sinken die Temperaturen schnell. Nach langer Zeit kramen wir mal wieder unsere Pullover und Fließjacke aus dem untersten Winkel der Radtaschen hervor. Die Nacht ist klar und der Sternenhimmel atemberaubend schön. Trotzdem verziehen wir uns schnell in unsere warmen Daunenschlafsäcke und fallen in einen traumlosen Schlaf.

cycling higher and higher step by step....

Lunch break on the Road to San Cristobal

Camping "above the clouds"

...and Dinner with a great view

Panoramica

Am nächsten Morgen radeln wir dann immerhin noch 25 Km und knapp 500 Höhenmeter weiter bis wir unser Etappenziel San Cristobal de las Casas erreichen. Die Stadt ansich hat kaum Sehenswürdigkeiten aber die schöne Lage im Tal und die Bunten Häuser mit ihren verzierten Holztüren haben ordentlich Charme. Der Tourismus läuft hier auf Hochtouren denn die Stadt liegt günstig als Augangspunkt zu ettlichen Attraktionen in der Region. Von der Rouinenstadt Palenque bis hin zu herrlichen Wasserfällen kommt hier jeder auf seine Kosten. Wir verziehen uns auf eine der Bänke am Hauptplatz und beobachten das bunte Treiben. Immer wieder kommen die traditionell gekleideten Maya-Frauen um uns ihre wirklich schöne Handwerkskunst zu verkaufen. Hübsche Blousen, bestickte Decken und traditioneller farbenprächtiger Schmuck sind im Angebot. Wir müssen leider immer "aus Gewichtsgründen" ablehnen.

Dennoch haben wir das Gefühl das alles sehr „authentisch“ ist. Die Frauen tragen ihre Tracht offensichtlich nicht für die Touristen sondern aus Tradition. Wir empfinden Chiapas als eine der ursprünglichsten und authentischsten Regionen Mexikos wohlwissend um die Problematik und das Konfliktpotential die diese Region seit Jahrzehnten prägt denn hier nahm 1994 der Zapatistenaufstand seinen Ausgang und die Konflikte um Land, Gleichberechtigung und Rassismus sind noch lange nicht gelöst.



San Cristobal de las Casas

Good bye San Cristobal...

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