dream on two wheels

Auf Chile`s Carreter Austral Teil II: Von Coihayque nach Villa O`Higgins und weiter über die argentinischen Grenze nach El Chalten (5.2.-4.3.17)

 

Nach einigen anstrengenden Tagen erreichen wir Coihayque, die Hauptstadt der südlichen Region de Asén in Chile. Mit ca. 50.000 Einwohnern bietet die Stadt alles was man als Radreisender benötigt. In der kleinen Fußgängerzone finden wir einige Läden die Campingausrüstung und Bekleidung gängiger Outdoormarken verkaufen. Ich nutze die Gelegenheit und gönne mir nach dem letzten Regen- Desaster  eine neue Regenjacke- und Hose. Der Preis schmerzt aber alleine der Gedanke an die letzten Tage im Regen lässt mich erleichtert aufatmen als ich die Tüte mit meinen Eroberungen an der Kasse entgegen nehme.

In Cohaique sehen wir nach 4 Monaten unsere österreichischen Freunde Niki und Philip wieder.

Die Freude ist groß und wir "ziehen" auf den gleichen Campingplatz am Rande der Stadt ein. Als Radko und ich über den Hauptplatz von Coihayque laufen erwartet und eine weitere Überraschung. Ich entdecke im Vorbeigehen ein Paar in Motorradgarnituren. Ich denke "die sehen immer so cool aus". Als ich genauer hinsehe erkenne ich das es Spencer und Cathy sind, die wir bereits in Kolumbien auf der "Todesstraße" getroffen hatten und die eine Serie fürs englische Fernsehen drehen. Spencer Conway ist sehr bekannt in der internationalen Motorradscene und hat bereits vor einigen Jahren eine ähnliche Serie über die Länder Afrikas gedreht (African Motorcycle Diaries). Am Ende verbringen wir alle zusammen zwei gemeinsame Tage auf dem selben Campingplatz. Am Abend sitzen wir beim Grillen bei Wein und Bier und tauschen Geschichten aus. Wir hatten eigentlich nicht damit gerechnet die beiden nochmals zu treffen aber sie sind nachdem sie bereits in Feuerland waren nun wieder auf den Weg nach Buenos Aires und die östlichen Länder Lateinamerikas. Ich erinnere mich gut an unser kurzes Zusammentreffen auf der Schotterpiste in Kolumbien bei dem Spencer beim Abschied sagte "ich habe so ein Gefühl das wir euch nochmal treffen werden". Ich habe daraufhin nur gelacht denn mit dem Motorrad sind die beiden immerhin viel schneller als wir unterwegs, aber Spencers Gefühl hatte zum Glück recht. Sechs Monate werden die beiden noch unterwegs sein um Filmmaterial auf möglichst einsamen Routen zu sammeln. Hierbei sind sie auf nur einem Motorrad unterwegs. Cathy, Spencers Frau, übernimmt hierbei die Rolle der Kamerafrau. Das gesammelte Material können sie ungesehen nach England schicken wo es dann bereits jetzt als Serie aufbereitet wird. 

Spencer and Cathy

Radko, Niki, Philip, Spencer, Cathy and Anja

Nach zwei Ruhetagen sind unsere Energiespeicher und Essenstaschen wieder aufgefüllt und wir verlassen mit den Österreichern die Stadt in Richtung des Dorfes Cerro Castillo. Noch fahren wir auf Asphalt aber nicht mehr lange. Ab Cerro Castillo werden wir für mehrere hundert Kilometern bis zum Ende der Carretera Austral auf Schotter unterwegs sein. Wir starten spät und schlagen unsere Zelte nach 38 Kilometern in einem kleinen Waldstück zwischen den Bäumen auf.

Am nächsten Tag erreichen wir nach einem heftigen Regenschauer (meine Sachen sind Dank der Neuinvestition trocken geblieben) den Ort Cerro Castillo mit dem gleichnamigen Bergmassiv. Auf einem der örtlichen Campingplätze gibt es sogar einen beheizten Aufenthaltsraum mit Küche und in dem tummeln wir uns bis in den späten Abend hinein.

Am nächsten Morgen ist es aufgeklart und wir fahren bei bestem Wetter, allerdings im strammen Gegenwind in Richtung des Flusses "Rio Ibanez"

zwischen El Blanco und Cerro Castillo

Cerro Castillo

Nähe Cerro Castillo, near Cerro Castillo

Direkt hinter Cerro Castillo endet der besagte Asphalt und wir rollen auf recht weichem Schotter die Hügel hoch und runter. Die Landschaft ist zunächst geprägt durch die Flüsse Rio Ibanez und Rio Muerta. Hier finden wir ein leerstehendes Haus das unter Radfahrern gerne als Schutzhütte benutz wird. Es regnet und wir sind dankbar für das Dach über unseren Köpfen. Das Haus besteht aus drei leeren Zimmern. Wir können die Zelte etwas improvisiert mit zwei anstatt drei Stangen in jeweils einem Zimmer aufstellen. Das dritte Zimmer nutzen wir zum Kochen. Als die Sonnen untergegangen ist erlischt auch der Autoverkehr auf der nahegelegenen Straße. In diesem südlichen Teil der Carretera Austral wird es mit jedem Kilometer den wir in Richtung Süden radeln ruhiger und einsamer. Wir treffen kaum noch auf Häuser oder Bauernhöfe. Wir zelten ausschließlich wild und nun stellt sich auch so langsam das einsame "Patagonien-Feeling" ein

Carretera Austral zwischen Rio Ibanez und dem See General Carrera, Carretera Austral between Rio Ibanez and Lake General Carrera

Auch die nächste Nacht haben wir Glück und können nochmals in einer leerstehende Hütte direkt am Ufer des türkisfarbenen Sees "Lago General Carrera" übernachten. Zu uns gesellen sich ein wenig später noch 3 Motorradfahrer die ihre Zelte neben einer der Hütten aufstellen. Durch den 1850 Km² großen See verläuft die Grenze zwischen Chile und Argentinien und auf der argentinischen Seite ändert sich auch der Name denn hier heißt er plötzlich "Lago Buenos Aires".

Der See zieht einen sofort durch seine fast künstlich wirkende türkise Farbe in den Bann. Wir radeln immer mit Sicht auf den See an dessen Ufer entlang. Hinter uns ziehen schwarze Regenwolken auf während vor uns die Sonne strahlt und wir unter einem gigantischen Regenbogen hindurch radeln.

wunderschöne Gletscher in sämtliche Richtungen, beautiful glaciers in every direction

wir erreichen den See "Lago General Carrera", we reach the Lake "Lago General Carrerea"

Philip genießt den Ausblick, Philip enjoying the view

unterm Regenbogen! Under the rainbow!

am  Morgen auf dem Weg nach Puerto Rio Tranquillo, next morning on the way to Puerto Rio Tranquillo

Nach einer ziemlich windigen Nacht radeln wir am nächsten Morgen die wenigen Kilometer in den Ort Rio Tranquillo. Der Ort lebt hauptsächlich vom Tourismus denn von hier aus gibt es geführte Gletschertouren in das nahegelegene Valle Exploradores und Bootsfahrten zu den Marmorhohlen auf dem See.

Da Philip die Höhlen schon vor einigen Jahren besucht hat machen Radko, Niki und ich am nächsten Morgen die zweistündige Tour zu dritt. Nach einem kurzen Spaziergang zum Bootsableger sitzen wir mit vier weiteren Touristen in einem kleinen Motorboot und schippern über das türkisfarbene Wasser. Der Wind hat sich gelegt und die Sonne schein. Alleine die Bootsfahrt mit ihren spektakulären Blicken auf die uns umgebende Berglandschaft ist herrlich. Nach ca. 30 Minuten erreichen wir den ersten Höhlenkomplex. Wir sind nicht das einzige Boot das unterwegs ist aber es gibt genug Auswahl an Höhlen so das es zu keiner Schlange kommt. Mit den kleinen Booten manövrieren die Fahrer geschickt in die blau gestreift schimmernden Höhlen. Einige Felsformationen außerhalb der Höhlen erinnern an Tiere, wie Elefanten oder Schildkröten, andere haben wunderschöne Namen wie "La Cathedral" (die Kathedrale).

wir besuchen per Boot die Marmorgrotten auf dem See, we visit the marmol Grutas on the Lake by boot

In Rio Puerto Tranquillo verlassen wir für einige Tage die Carretera Austral um einen Abstecher in das "Valle Exploradores" zum Gletscher "San Rafael" zumachen. Es ist eine einsame Route. Wir sind die meiste Zeit unter uns und zelten auf dem Hin- und Rückweg zum Gletscher am selben Ort am rauschenden Gletscherfluss. Wir zünden auf den Steinen neben dem Fluss ein kleines Lagerfeuer und sitzen unter einem wirklich beeindruckenden südlichen Sternenhimmel denn da es hier außer unseres Lagerfeuer keine Lichter gibt sind hier viel mehr Sterne sichtbar als in einer hell erleuchteten Stadt.

Den Gletscher San Rafael können wir nur von einem Aussichtspunkt anschauen. Diesen erreichen wir von der nahegelegenen Station der Nationalparkbehörde wo wir unsere Räder stehen lassen. Die 45 minütige Wanderung führt und über einen steilen Pfad im Wald auf einen riesigen Geröllberg. Wir klettern von Stein zu Stein bis wir sozusagen über die Hintertür die Aussichtsplattform erreichen. Der offizielle Weg zur Plattform kostet Einstritt. Den Tipp für die "Hintertür" bekommen wir vom Park Ranger persönlich!

auf "Abwegen" im "Valle Exploradores", on a detour in the "Valle Exploradores"

wir sind überrascht in Patagonien oft Papageien beobachten zu können, we are surprised to see a lot of parrots in Patagonia

überall berauschende Gletscherausblicke, stunning Glacier views everywhere 

tolle Wildcampingplätze überall, great tent spots everywhere

Niki, Philip, Radko & Anja im "Valle Exploradores", in the Valley "Exploradores

nach 2 Tagen erreichen wir unser Ziel im Valle exploradores und wandern zum Aussichtpunkt um einen Blick auf einen Teil des nördlichen patagonischen Eisfeldes zu bekommen, after two days we reach the view Point and we can see parts of the northern Icefilds of Patagonia

wir radeln zurück nach Puerto Rio tranquillo, we cycle back to Puerto Rio Tranquillo

Nach unserer Rückkehr vom Gletscher San Rafael radeln wir noch einmal mit schönen Blicken auf den See und zelten direkt neben einer Miniaturausgabe der Golden Gate Brücke an der der See in den Rio Baker abfließt. Am Abend treffen noch zwei weitere Radfahrer ein die in Richtung Norden unterwegs sind. Die beiden Franzosen sind ziemlich schnell unterwegs. Trotz Schotterpiste und teils knackigen Anstiegen fahren sie bis zu 100 Kilometern täglich. Das ist ein Wahnsinns Tempo. Seit wir auf der Carretera Austral unterwegs sind werden wir immer langsamer. Vielleicht sind es die schönen Zeltplätze die einen dazu verleiten spät loszufahren und doch noch eine weitere Tasse Kaffee zu trinken aber vielleicht ist es auch die Gewissheit das das Ziel Ushuaia nicht mehr all zu weit entfernt liegt und es einfach keine Eile gibt dort anzukommen.

Vielleicht ist es aber auch der Wunsch diesen Reiseabschnitt noch länger genießen zu wollen...den Moment festzuhalten und in Gedanken noch einmal zurückzublicken auf die hinter uns liegenden Monate seit unserem Reisebeginn in Alaska. Achtzehn Monate, und wir können es oft selbst nicht glauben wenn uns Menschen fragen wie lange wir schon unterwegs sind, durch extreme Höhen, Wüsten, unerträgliche Hitze, eiskalte Nächte und traumhafte Landschaften. Momente der Freude, der Tränen,  Momente herzlichster Begegnungen mit Menschen die uns ihr Hauser und ihre Herzen geöffnet haben und Augenblicke maximaler Freude darüber einfach das zu machen wovon wir so lange geträumt haben.

Aus einem Traum wurde eine Reise und aus einer Reise Erinnerungen und Freundschaften die uns für den Rest unseres Lebens prägen werden!

wir radeln entlang des Sees Lago General Carrerea durch den die Grenze zwischen Chile und Argentinien verläuft, we cycle along the Lake once more, the border between Chile and Argentina runs through the Lake

Wir zelten neben der Brücke, we camp next to the bridge

zelten unter der Milchstraße und der südlichen Hemisphäre, Camping under the southern stars... 

am neächsten Morgen frühstücken wir mit schönen Ausblicken, next morning we have breakfast with a nice view

Vor Chochrane verläuft die Carretera Austral mit tollen Blicken auf den  türkisfarbenen Rio Baker. In Cochrane stoppen wir für den Nachmittag um einzukaufen und um am Bankautomaten nochmals Pesos abzuheben denn in Argentinien werden bekanntermaßen an den Geldautomaten sehr hohe Gebüren verlangt.

Die maximale Summe die man in Argentinien pro Tag abheben kann beträgt 2000 Pesos also umgerechnet ca. 125 Euro. Um den hohen Gebühren zu entgehen wollen wir lieber chilenische Pesos in Argentinische Pesos umtauschen.

Am späten Nachmittag verlassen wir mit einigen Kilos mehr in den Taschen Chochrane. Kurz hinter der Stadt treffen wir auf einen riesigen Viehtrieb mit hunderten Kühen begleitet von 5 Männern auf Pferden. Uns kommen drei LKWs und hunderte Kühe entgegen. Wir steigen ab und bleiben stehen und kurze Zeit später sind wir mittendrinn...

der türkisfarbene Rio Baker, the River "Rio Baker"

Sonnenuntergang beim wildzelten zwischen dem Rio Baker und dem Lago Esmeralda, Sunset at our Camping spot between Rio Baker and Lago Esmeralda

Während des Sonnenuntergangs beobachten wir Vögel, at sunset it is great birdwatching

Am nächsten Morgen radeln wir unter herrlichen Wolkenformationen Richtung Cochrane, next Morning we cycle under beautiful clouds to the town Chocrane

Viehtrieb direkt hinter der Stadt Cochrane, leaving Cochrane we have to cycle through hundreds of cows

Eine Erinnerung die wir vielleicht für immer mit der südlichen Carretera Austral verbinden werden hat etwas mit Hasenbraten zu tun. Als Niki und ich an einem späten Morgen einige hundert Meter vor Radko und Philip vorausfahren sehen wir links von uns am Straßenrand einen großen toten Hasen liegen. Ich sehe keine Aasfresser oder Fliegen und denke das das arme Tier sicherlich noch nicht lange tot ist, ich vermute von einem Auto angefahren.

Ich frage Niki kurz darauf ob sie das Tier auch gesehen hätte. " Nein, frisch tot, denkst Du? O Gott, dann nimmt ihn Phillip bestimmt mit wenn er ihn sieht".

Philip sieht ihn, wie sich im Nachhinein herausstellt, auch nicht aber dafür Radko. Und in der Tat haben die beiden als sie uns kurz darauf einholen den Hasen dabei.

Als Radko und Phillip sich dem Tier näherten um es genauer zu betrachten zuckt der Arme unerwartet. Offensichtlich wurde das Tier von einem Auto angefahren und das Rückgrat war vermutlich gebrochen.

Philip hat zum Glück die Kraft das Tier zügig von seinem Leid zu erlösen und packt ihn anschließend kurzerhand ein..."heute gibt's Hasenbraten". Niki und ich sind skeptisch aber bei der nächsten Pause am Fluss hängt nach wenigen Minuten das Hasenfell am Zaun und der "Hasenbraten" wir in ein feuchtes Tuch gewickelt weitertransportiert.

Ich bin noch mehr skeptisch als Philip am frühen Abend anfängt den Hasen zuzubereiten aber schon bald steigt ein ziemlich unwiderstehlicher Duft von Knoblauch, Gewürzen und Gebratenem in die Luft. Radko und ich haben zuvor noch nie Hasenfleisch gegessen und sind positiv überrascht. Die kleinen Hasenstakes sind butterzart und sehr schmackhaft und auch die in einer deftigen Sauce gekochten Hachsen duften ansprechend.

Camping North of Puerto Yungay

Die letzte Stadt an der Carretera Austral ist Villa O`Higgins 200 Kilometer südlich von Chochrane. Die Gegend wurde bereits um 1903 besiedelt aber das eigentliche Dorf wurde offiziell  1966 gegründet und erst 1997 an die Carretera Austral angeschlossen.

Zwanzig Kilometer vor dem Ort wissen wir von einer Unterkunft, einer Schutzhütte, eigens für Radfahrer gebaut direkt an der Straße. Wir erreichen das "Refugio" im Halbdunkeln. Die kleine Hütte ist mit einem Kamin und zwei langen Bänken die jeweils auf der langen Seite des Raumes platziert sind ausgestattet. Besen, Wäscheleine, Feuerholz und Wasserkessel liegen auch schon für den Gast bereit.

Der Raum ist groß genug das wir unsere vier Schlafmatten nebeneinander legen können und so verzichten wir gerne aufs zelten. Wir heizen den Raum ein und werden dabei ziemlich eingeräuchert denn der Abzug des Kamins funktioniert nur mäßig aber die Wärme ist bei dem nasskalten Wetter angenehm und zur Nacht lassen wir das Feuer eh ausbrennen. Am Abend stehe plötzlich zwei Reiter vor der Tür. Die Pächter der zugehörigen Farm begrüßen uns herzlich und wünschen uns eine gute Nacht.

Am nächsten Morgen klopft Jorge nochmals an und lädt uns in seiner 100 Meter entfernten Hütte zu Mate, Kaffee, frisch gebackenem Brot und Rührei ein. Auf dem Gelände laufen die vier Pferde der Farm frei herum. Wir unterhalten uns über das Reiten und als Jorge erfährt das ich gerne reite sattelt er kurzerhand zwei der Pferde und schon befinden wir uns alle im Wechsel auf den zackigen aber trotzdem geduldigen Pferden.

Jorge und ich reiten raus auf die Straße und eine kleine Runde über einen Pfad und galoppieren im Wettrennen zur Farm zurück. Als ich nach ihm ankomme sagt er lachend das ich sein Pferd nochmal reiten müsse denn das sei sowieso immer schneller. 

morgendlicher Reitspaß an der Farm von Jorge mit kostenfreier Radherrberge nördlich von Villa O´Higgins, free horseback riding at Jorge`s Farm where cyclists can stay for free

eine letzte Pause wenige Kilometer vor Villa O`Higgins, last break before reaching Villa O`Higgins

Villa O`Higgins ist für uns eine kleine Überraschung. Wir erwarten nach Phillips Erzählungen ein "Dorf am Ende der Welt" aber das Dorf hat sich in den  letzten Jahren zu einer touristischen Kleinstadt entwickelt. Die meisten Häuser sind Lodges, Hotels oder Herbergen, es gibt mehrere Campingplätze, einen großen Hauptplatz und mehrere kleine Supermärkte bei deren Preise uns die Kinnlade runterfällt. "Das müssen wir jetzt einfach ausblenden" sagt Niki zu mir und das machen wir dann auch und kaufen für die bevorstehende abenteuerliche Grenzüberquerung von 3-4 Tagen die notwenigen Vorräte ein.

Die Stadt ist zu dieser Jahreszeit bereit recht ruhig. Die Hauptsaison ist schon lange vorbei und obwohl der Herbst in Patagonien wunderschön ist kann das Wetter sehr wechselhaft sein und der Haupttouristenstrom beschränkt sich auf die Monate Dezember bis Februar. Jetzt, Ende März, haben wir das Glück einen grandiosen sonnigen Herbst zu erleben aber je weiter südlich wir kommen desto gefärbter ist das Laub bereits und umso kälter sind die Nächte. 

Villa O`Higgins ist die letzte Stadt der südlichen Carretera Austral, Villa O`Higgins is the Last town of the carretera Austral

Um von Villa O´Higgins nach Argentinien zu gelangen müssen wir zwei Seen per Boot überqueren und zwischen den beiden Seen eine Strecke von 21 Kilometern durch unwegsames Gelände bewältigen. Dieser Grenzübergang ist nur per Rad, zu Fuß oder per Pferd überquer bar und die Grenze wird für die Winterzeit im April geschlossen. Die Tickets für die Überquerung des ersten Sees, den Lago O´Higgins, kaufen wir für den kommenden Mittwoch im Ort. Stolze 50 Euro pro Person aber immerhin für eine dreistündige Bootsfahrt. Das Boot fährt nur 2 mal pro Woche und wir radeln bereits am Vorabend die 7 Kilometer  zum winzigen Bootsableger südlich des Ortes und zelten ab Ende der Straße und am offiziellen Ende der Carretera Austral nach 1243 Kilometern.

Das offizielle Ende der Carretera Austral am winzigen Hafen 7 Kilometer südlich von Villa O`Higgins, the official end of the Carretera Austral at a Little Port 7 Km south of Villa O`Higgins

Mit dem Boot setzen wir über den "O`Higgins see über, we take a boat to cross the Lake O`Higgins

Um halb acht gehen wir kurz nach Sonnenaufgang an Bord und erreichen gegen 11:00 das andere Ufer das nach wie vor chilenisches Territorium ist. Wir schieben unsere Räder für einen Kilometer den steilen Pfad hoch und stoppen am Haus der chilenischen Grenze. Wir werden schnell und super nett von einem chilenischen Beamten abgefertigt der ziemlich gut deutsch spricht. Ich frage ihn wo er das gelernt habe und er sagt lachend "von den Touristen hier". Er ist offensichtlich ein Naturtalent denn die ganze Prozedur verläuft auf deutsch. Unsere Pässe erhalten den Ausreisestempel und wir befinden uns kurz darauf in einer Art Grauzone denn wir sind für die nächsten ca. 15 Kilometer noch in Chile aber offiziell  bereits aus dem Land ausgereist.

Auf der chilenischen Seite des kleines Passes den es zu überqueren heißt finden wir eine gut ausgebaute Schotterpiste vor. Einen großen Teil müssen wir da die Anstiege zu steil sind jedoch schieben. Nach 700 Höhenmetern erreichen wir die offizielle Grenzlinie und schieben nach Argentinien. Ab hier sind wir für die nächsten 7 Kilometer illegal im Land den der Grenzposten ist erst am Ufer des Lago del Desierto gelegen den wir erst am Abend erreichen können.

Auf der argentinischen Seite folgt eine abenteuerliche aber lustige Schiebepartie mit den Rädern. Der Pfad durch den dichten herbstlichen Wald ist schmal und matschig und in einem ständigen auf und ab arbeiten wir uns Richtung See vor. Mehrere mal müssen wir die Räder über kleine Bachläufe und Flüsse schieben. Radko opfert sich und watet am breitesten Fluss in Sandalen vier mal durchs eiskalte Wasser.

Der Pfad wird gegen Ende immer ausgewaschener und schlechter. Wie eine Rinne geht es die letzten paar Kilometer steil hinab in  Richtung des Sees. Die Rinne ist so schmal das wir hoch über den Rädern auf der Böschung laufen müssen und in gebückter Haltung und gezogenen Bremsen die Räder den Weg hinab bugsieren. Hinter einer letzten Kurve ist er dann zu sehen: Der Lago del Desierto mit dem im Sonnenuntergang leuchtenden majestätischen Fitzroy-Bergmassiv.

 Wir setzen unsere Stirnlampen auf und erledigen den letzten Abschnitt der Strecke im Dunkeln. Beim Grenzposten läuft gerade ein Fußballspiel. Der Beamte vertröstet uns gut gelaunt auf den morgigen Tag und zeigt auf eine große Wiese wo bereits mehrere Zelte stehen. Er wünscht uns eine gute Nacht und verschwindet eilig wieder zum Fernseher.

auf der anderen Seite des Sees machen wir uns auf den Weg zur Grenze nach Argentinien. In der Ferne sehen wir erstmalig das Fitzroy Bergmassiv, on the other side of the lake we make our way to the border of Argentina. At the horizon we can see Mount Fitzroy für the first time

auf dem Pass erreichen wir das Grenzschild, on the Pass we reach the oficial border line

auf der argentinischen Seite können wir nur noch schieben, on the argentinian side we can only push the bikes

wir schieben mehrere Kilometer durch den herbstlichen Wald, we push several Kilometers through the forest

manche Flüsse haben kleine "Brücken" die aber nicht für Räder geeignet sind, some rivers have a "Bridge" but they are not working for the bikes

Wir müssen mehrere kleine Flüsse überqueren, we have to cross many small rivers

Cerro Fitzroy im Sonnenuntergang, Mount Fitzroy at sunset

Wir zelten am Lago del Desierto neben der argentinischen Grenzkontrolle, we camp at the Lake "Lago del Desierto" next to the argentinian border Kontroll

Die Einreise am nächsten Tag dauert zwei Minuten. Der Beamte notiert sich Namen und Passnummern in einem Buch und knallt den Stempel in die Pässe. "Bienvenidos a Argentina", "herzlich willkommen in Argentinien"! Wir ruhen uns einen Tag am See aus. In der ersten Nacht müssen wir leider feststellen das das Camp vor Mäusen wimmelt. Die kleinen Biester scheinen Plastik zu lieben und am nächsten Morgen entdecken wir nach und nach die Schäden. Handykabel von Phillip, zwei riesige Löcher in meinen neuen Radtaschen, mehrere Löcher in unserer Zeltunterlage, Plastikschlaufe am Rucksack unserer Zeltnachbarin aus Kanada und und und...

In der Zweiten Nacht hängen wir alle unsere Taschen wie auf einer Wäscheleine an ein Seil und das scheint zu funktionieren.

Von hier müssen wir in einer 30 minütigen Bootfahrt den See "Lago del Desierto" überqueren. Als wir den Preis hören sind wir sprachlos. Umgerechnet 40 Euro pro Person. Theoretisch wäre es denkbar die Räder um den See zu schieben aber für die 12 Kilometer würden wir zwei Tage benötigen und unsere Vorräte neigen sich dem Ende zu. Zudem ist bereits der erste Anstieg so steil das wir Bedenken haben die Räder hochgeschoben zu bekommen.

Eine chilenische Backpackerin möchte den Weg gerne laufen allerdings ohne ihren schweren Rucksack. Sie möchte diesen per Boot mitschicken aber der Transport des Rucksackes soll ganze 18 Euro kosten. Wir spannen diesen kurzerhand auf eines unserer Räder denn unsere Räder sind im 40 Euro Preis inbegriffen. Hier wird unserer Meinung nach die Lage der Touristen ziemlich ausgenutzt und durch die Monopolstellung einer einzelnen Tour Gesellschaft werden hier horrende Preise verlangt. Wir freuen uns um so mehr das System ein klein wenig austricksen zu können.

Vom See aus haben wir bei Sonnenaufgang einen fantastischen Blick auf die Fitzroyberge, from our camp at the Lake we have a fantastic view of the Fizroy Mountain

auf dem Weg in die Stadt El Chaiten treffen wir weitere Tourenradler, on the way to the City El Chaiten we meet more touring cyclists

Es fehlen 20 Kilometer Schotterpiste durch eine herbstliche Berglandschaft und wir erreichen den Ort El Chalten, Der Ort ist Ausgangspunkt für Kletter, Wander- und Bergtouren im Nationalpark "Parque National de los Glaciares". Wir werden auf der Straße von einem älteren Ehepaar angesprochen. Es sind die Besitzer der "Casa Azul" einer sympathischen Herberge abseits der Hauptstraße mit preiswerter Zeltmöglichkeit. Wir werden einige Tage bleiben denn das Wetter ist für diese Jahreszeit außergewöhnlich gut und wir wollen auch gerne ein paar Wandertouren unternehmen.

Unsere erste Tagestour führt uns auf den Aussichtspunkt "Loma del Pliegue Tumbado, einer der wenigen Aussichtspunkte von dem man sowohl den Cerro Fitzroy als auch den Cerro Tores sehen kann.

Die 22 Kilometer Wanderung beschert uns am nächsten Tag reichlich Muskelkater denn  die einseitige Beanspruchung unserer Muskulatur beim Radfahren in den letzten Monaten fordert ihren Tribut...

Die nächsten Tage werden wir mit Rasten und hoffentlich 2 mehrtägigen Wanderungen verbringen. Niki und Philip wollen mit ihren Schweizer Bekannten Claudia und Martin (www.viaje,ch), die seit 4 Jahren im VW Bus unterwegs sind, eine mehrtägige Wanderung unternehmen die eine Gletscherüberquerung beinhaltet. Radko und ich haben diesbezüglich keinerlei Wandererfahrung und haben zu viel Respekt vor solch einem Unterfangen. Wir wollen die Zeit nutzen und 1-2 mehrtägige Wanderungen unternehmen um die verschiedenen Berge und Gletscher des Nationalparks aus sicherer Nähe zu betrachten :-)

dir Stadt El chaiten ist Ausgangsbasis für viele Wanderungen, the City El Chaiten is the basecamp for many great hikes

Wir erkunden bei einer 22 Km Tageswanderung die nähere Umgebung des Nationalparkes, On a day hike we get to know the closer Regions of the national park

es ist Herbst in Patagonien, it is autum in Patagonia

auf dem Weg zum Aussichtspunkt, on the way to the view Point