dream on two wheels

Bosnien: Geschichtsstunde auf dem Ciro Radweg (8.4.-12.4.18)

Kurz vor Dubrovnik biegen wir in das Inland ab. Am Grenzübergang verlassen wir erneut die EU und reisen in ein uns bis dato völlig unbekanntes Land ein was wir nur aus den Kriegsberichtserstattungen der Medien in den neunziger Jahren kennen.

Der Grenzbeamte schaut uns etwas verwirrt an. Wo wir denn hin wollen. Und wo wir planen zu übernachten möchte er wissen. Wir klären auf. Radfahren auf dem Ciro Radweg sei der Plan und zelten. Er schaut uns mit großen Augen an, schüttelt fassungslos den Kopf und fragt " aber dann kommt ihr hierher zurück nach Dubrovnik?" "Nein, lautet unsere Antwort. Wir fahren weiter Richtung Norden bis nach Deutschland". Er lacht, drückt uns immer noch kopfschüttelnd unsere Pässe zurück in die Hand und wünscht uns " Viel Spaß".

Der Kontrast zwischen Bosnien und Kroatien ist bereits unmittelbar hinter dem Grenzposten zu erkennen. In dem kleinen Ort Ravno stehen mehr unbewohnte Häuser und Ruinen als bewohnte. Es ist bereits später Nachmittag und es beginnt zu regnen. Wir sprechen zwei Männer an die wir bereits an der Grenze gesehen hatten. Es sind kroatische Arbeiter die in Dubrovnik arbeiten aber aus Kostengründen in Bosnien wohnen. Wir könnten unser Zelt problemlos im gegenüberliegenden leeren Haus aufstellen. Der Besitzer sei derzeit in Montenegro.

Der `Ciro Radweg beginnt direkt in Ravno. Als wir morgens losfahren ist es neblig und verhangen aber schon bald klart es langsam auf. Den 134 Kilometer langen Radweg könnte man auch als längstes Freilichtmuseum der Welt bezeichnen. Auf der ehemaligen Bahntrasse geht es durch (nahezu) verlassene Geisterdörfer, entlang von Bunkeranlagen, Ruinen und Minen.

Die Landschaft ist bis kurz vor Mostar so verlassen das wir manchmal das Gefühl haben auf einem anderen Planeten zu sein. Zudem ist diese auch noch "außerirdisch" schön!

Viele der kleinen Dörfer scheinen auf den ersten Blick vollkommen verlassen zu sein aber beim genaueren Hinsehen entdecken wir das eine oder andere bewohnte Haus zwischen den Ruinen.

Immer wieder fahren wir an den roten Schildern vorbei die vor noch vorhandene Minen warnen und auch an einigen der Ruinen entdecken wir in roter Farbe das Wort "Mine". Auch wenn es uns reizen würde in eines der verlassenen Häuser zu schauen. Wir verzichten vorsichtshalber!

In ganz Bosnien und Herzegowina sehen wir sehr viele Friedhöfe. Fast jedes Dorf hat mindestens zwei manchmal sogar drei. Alle sind sehr gepflegt. Alle Grabsteine haben neben den Namen gravierte Fotos der Verstorbenen. Es ist bedrückend und berührend das zu sehen...

Unsere Radreise auf dem "Ciro" ist eine Reise in die nahe Kriegsvergangenheit dieses Landes. In einem fast schon grotesken Kontrast sieht der Reisende hier die Relikte des Krieges gegenüber einer atemberaubenden Landschaft. Das hier bis vor 23 Jahren ein bestialischer Krieg wütete will man angesichts der friedlichen Natur kaum glauben aber immer wenn man an einem der Geisterdörfer, einem Bunker oder einem Minenschild vorbeikommen wird man  in die Realität der Vergangenheit zurück geholt.

Auf den gesamten 134 Kilometern sind wir nahezu alleine unterwegs. Hier und dort treffen wir auf ein paar einheimische Bauern. Einmal kommen uns zwei Radfahrer aus Sarajevo entgegen aber ansonsten ist nicht viel Betrieb auf dem Radweg. Zum Zelten gibt es nur wenige Möglichkeiten denn die Minenschilder lassen einen keine Wahl als strikt auf dem Weg zu bleiben. Wir zelten also einfach direkt am Weg.

Insgesamt geht es übrigens über zwei Brücken und durch 11 kleine handgeschlagenen Tunnel.

94 Tonnen explosives Material sollen noch unter der Erde Bosniens schlummern und viele Minenfelder sind noch gar nicht bekannt. Obwohl Bosnien sich für uns als "Wildzelten Paradies" entpuppt halten wir uns  an klare Regeln. Wir zelten nur dort wo Vieh weidet und Waldarbeiter arbeiten oder direkt neben Waldwegen. Niemals in unbeständigem Gelände oder überwucherten Regionen. Dennoch ein komisches Gefühl bleibt...

Der Plan über die noch verminten Regionen

In der Stadt Mostar endet der geschichtsreiche Radweg. Wir sind zurück in der "Zivilisation" und schauen uns die berühmte Brücke von Mostar an. Mostar ist die größte Stadt der Herzegowina, des südlichen Teils der Föderation Bosnien und Herzegowina. Durch die Stadt fließt die Neretva. Das Wahrzeichen der Stadt ist die Brücke "stari most".

Nach wenigen Tagen hat uns dieses Land bereits komplett in seinen Bann gezogen. Es steht fest: Wir wollen mehr von diesem wunderschönen Land sehen.

Es zieht uns in die dinarischen Alpen. Dafür werden wir einige Höhenmeter radeln müssen aber das ist es uns wert. Von Most aus geht es direkt "auf den Berg".

Wir wollen vom Ort Goranci aus über eine kleine Passstraße zum Nationalpark Blidinje fahren.

Alles darüber erfahr Ihr im nächsten Bericht...